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Festnahme auf einer Demonstration

Beachte bitte das Kapitel: Aussageverweigerung

Deine Rechte nach einer Festnahme sind:

  • den Grund für die Festnahme zu erfahren
  • alle Aussagen zu verweigern
  • nichts zu unterschreiben
  • gegen eine erkennungsdienstliche Behandlung schriftlich Widerspruch einzulegen
  • im Verletzungsfalle einen Arzt zu verlangen und die Verletzung attestieren zu lassen
  • ein Protokoll über die beschlagnahmten Sachen zu erhalten
  • einen Anwalt anzurufen und nächste Angehörige bzw. Kameraden zu benachrichtigen ( zwei Anrufe)

Wirst du selbst festgenommen, versuche so gut es geht ruhig zu bleiben. Rede mit anderen Festgenommenen über eure Rechte, nicht jedoch über Vorgefallenes. Polizisten können immer mithören und sich eure Aussagen notieren! Wie schon bei der Vorkontrolle gilt: Den Polizisten nur sagen, was auf deinem Personalausweis steht und die ungefähre Berufsbezeichnung. Auch Speichelproben müssen NICHT abgegeben werden. Der Satz “Ich verweigere die Aussage!” ist ab sofort dein bester Freund, denn eine Aussageverweigerung kann dir rechtlich nicht negativ angelastet werden. Sie ist später evtl. sogar von Vorteil. Also hör nicht auf die Polizisten! Versuche auch nicht etwas klar zu stellen, wenn du meinst du seist zu unrecht festgenommen. Mit einer Aussage belastest du immer Kameraden, auch indirekt. Halte einfach die Klappe! Auch nichts unterschreiben!

Falle nicht auf Verhörmethoden rein, weder auf den „guten Polizisten“, der ja volles Verständnis für dein Anliegen hat, noch auf den „bösen Polizisten“, der ständig mit der Faust auf den Tisch schlägt. Behalte die Übersicht und deinen Kopf unter Kontrolle. Vergiss all die feinen taktischen Schachzüge, die dir durch den Kopf gehen, wie du die sie reinlegen oder dich aus dem Schlamassel bringen könntest! Jede Situation ist günstiger, um sich was Schlaues zu überlegen, als in der Höhle des Löwen, und alles – wirklich alles – ist auch nach Absprache mit deinen Kameraden und dem Anwalt möglich, auch wenn die Systemdiener dir erzählen, dass es zu deinem Vorteil ist, wenn du ihnen gegenüber Aussagen machst. Wenn du meinst, dir werden Sachen vorgehalten, mit denen du gar nichts zu tun hast, halte trotzdem die Klappe. Denn was dich entlastet, kann jemand anderen belasten: wenn von zwei Verdächtigen einer ein Alibi hat, bleibt immer noch einer übrig!

Wenn du annimmst, schon so tief im Schlamassel zu stecken, dass du lieber alles zugeben willst, damit du nicht so hart verknackt wirst, halte den Mund! Erst nachdem dein Anwalt Akteneinsicht hatte und ihr euch beraten habt, lässt sich eine gute Strategie festlegen. Wenn du erst mal gequatscht hast, nützt dir auch der beste Anwalt kaum noch was. Außerdem reißt du womöglich unbeabsichtigt andere Leute mit rein. Ein Argument für ganz Störrische: Ein Geständnis vor dem Richtertisch zahlt sich immer mehr aus, als bei den ermittelnden Polizisten, wenn es denn schon sein muss!

Dir stehen rechtlich zwei [selbst zu bezahlende] Telefonate zu. Ruf am besten einen Anwalt und den Ermittlungsausschuss [EA] an. Nach ein paar Stunden musst du dann wieder entlassen werden. Fertige umgehend ein umfangreiches Gedächtnisprotokoll an. Wenn du mit mehreren Kameraden festgenommen wurdest, warte nach deiner Entlassung auf die anderen und geht danach gemeinsam nach Hause. Falls Kameraden von dir festgenommen wurden, informiere dich bei der Polizei, oder beim Ermittlungsausschuss, wohin sie gebracht wurden. Ihr solltet dann nach der Demonstration zur Polizeiwache fahren und dort auf ihn warten.

Gefanfenentransport

Sprich auf der Fahrt zum Gefangenensammelplatz mit den anderen Festgenommenen über eure Rechte, aber mit keinem Wort über das, was du gemacht hast bzw. dir vorgeworfen wird. Es wäre nun wirklich nicht das erste Mal, dass ein Spitzel dabei ist, auch wenn du ein gutes Gefühl bei allen hast.

Achte auf andere und zeige dich verantwortlich, wenn sie mit der Situation der Festnahme noch schlechter klar kommen als du, das beruhigt auch dich. Redet darüber, dass es Sinn macht, konsequent die Schnauze zu halten.

Auf der Wache

Du hast das Recht, zwei Telefongespräche zu führen. Falls sie dir dieses Recht verweigern, bestehe darauf und drohe mit einer Anzeige. Verlange einen Arzt, um ggf. deine Verletzungen zu attestieren. Nach der Freilassung besuche deinen Hausarzt, der erneut deine Verletzungen schriftlich bestätigt. Verlange über beschädigte Sachen ein Protokoll.

Wie jedem politischen Aktivisten bekannt sein müsste, ist es von großer Wichtigkeit, darauf zu achten, wo, mit wem und über was gesprochen wird. Von uns bekannten Personen haben wir einen staatsanwaltschaftlichen Brief erhalten, der einmal mehr verdeutlicht, dass es keine Privatsphäre in diesem Staat gibt und wir möchten mit der Veröffentlichung noch einmal daran erinnern.
Besuche von Angehörigen und Freunden im Staatskerker bilden da keine Ausnahme. Es reicht nicht aus, dass Gespräche durch einen stets anwesenden Vollzugsbeamten “belauscht” werden, denn gerne bedient man sich auch technischer, akustischer Überwachung um Gespräche von Beschuldigten und deren Besuchern aufzuzeichnen.

Wie lange können sie Dich festhalten

Zur Identitätsfeststellung

Wenn du bei deiner Verhaftung keinen Ausweis dabei hattest kannst du höchstens zwölf Stunden Festgehalten werden.

Als Zeuge zur Vernehmung

Sofort nach der Identitätsfeststellung und der verweigerten Aussage, was auch als Zeuge bei der Polizei dein Recht ist, musst du entlassen werden.

Als Tatverdächtiger

Nach 48 Stunden, genauer: bis Mitternacht des darauffolgenden Tages, musst du entweder frei gelassen worden sein oder einem Haftrichter vorgeführt werden.

Beim Haftrichter

Mache auch hier nur Angaben zur Person. Falls noch nicht geschehen, fordere unbedingt die Kontaktaufnahme zu deinen Anwalt und deinen Kameraden.

Wird Haftbefehl erlassen, lass die Beauftragung deines Anwaltes protokollieren.

Lass dich nicht hängen und halte durch

So stark musst du einfach sein. Wenn alles gut geht, bist du in zwei Wochen wieder frei und kannst Erdbeertorte essen.

Hausdurchsuchungen

Beachte bitte das Kapitel: Hausdurchsuchungen

Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei Festgenommenen Hausdurchsuchungen stattfinden, deshalb einige Grundregeln:

  • Von “brisanten” Schriften, CDs usw. sollte grundsätzlich nur ein Exemplar in der Wohnung sein.
  • Material, das dich mit irgendwelchen Aktionen in Verbindung bringt, hat nichts in der Wohnung eines Aktivisten zu suchen.
  • Bewahre keine Adresssammlungen in der Wohnung auf und trage Termine nicht im Jahreskalender ein.
  • Räume vor jeder Aktion oder Demonstration mal wieder auf!

Für die Hausdurchsuchung ist ein richterlicher Durchsuchungsbefehl erforderlich. Ausnahme: bei Gefahr in Verzug, was meistens von den Beamten behauptet wird.

Wenn möglich, solltest du versuchen, bevor die Polizei hereinkommt, Kameraden anzurufen, kurz zu sagen, was los ist und den Hörer nicht aufzulegen, damit am anderen Ende wenigstens ungefähr mitzubekommen ist, was abläuft. Frage nach dem Grund der Durchsuchung, dieser muss nach §106 II StPO vorher bekannt gegeben werden. Erfrage Namen und Dienstnummern des Beamten und lege hartnäckig Beschwerde ein.

Verlange, dass nur jeweils ein Raum zur Zeit durchsucht wird, da du das Recht hast, bei der Durchsuchung dabei zu sein (§106 I StPO). Versuche diese solange hinauszuzögern, bis Zeugen eingetroffen sind.

Lass dir ein Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände anfertigen. Wenn nichts beschlagnahmt wurde, lass dir auch das bescheinigen. Verlange außerdem eine schriftliche Begründung der Durchsuchung. Auf beides hast du Anspruch, der allerdings verfällt, wenn er nicht eingefordert wird (§107 StPO). Unterschreibe nichts, da nicht auszuschließen ist, dass später noch etwas hinzugefügt wird.

Gedächtnisprotokoll

In einem Gedächtnisprotokoll solltest du aufschreiben, wie du die Situationen erlebt hast. Das Gedächtnisprotokoll hilft dir dabei, dich auch nach langer Zeit noch an Kleinigkeiten zu erinnern, die du sonst vergessen würdest. Vor Gericht können selbst Kleinigkeiten manchmal sehr bedeutend sein.

Grundsätzlich gilt:

Beobachtungen und Wahrnehmungen reichen, KEINE Sachen, die belastend sein könnten, KEINE Mutmaßungen, Interpretationen und Gerüchte!

Der Inhalt eines Gedächtnisprotokolls sollte sein:

  • Warst du als Zeuge oder als Betroffener beteiligt?
  • Wo hat das ganze stattgefunden?
  • Wann war das Ereignis?
  • Warum wurde die Person “offiziell” festgenommen/angehalten?
  • Um welche Amtshandlung hat es sich gehandelt (Kontrolle, Festnahme)?
  • Wurde jemand verletzt?
  • Wohin wurdest du/die Person gebracht?
  • Wie lange festgehalten?
  • Was hast du gesagt (bitte GENAU, denn das wissen die anderen jetzt auch)?
  • Was wird vorgeworfen?
  • Gab es mit dir noch andere Verhaftete? Wieviele, Wer?

Eine Kopie des Gedächtnisprotokolls sollte [wenn vorhanden] an den EA und an betroffene Kameraden weitergeleitet werden. Falls ihr selber betroffen seid, solltet ihr auch eurem Anwalt eine Kopie geben.

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