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38.-40. Prozesstag gegen das Aktionsbüro Mittelrhein

Im Folgenden berichten wir über die Verhandlungstage im AB-Mittelrhein-Prozess. Gegen 26 Angeklagte wird wegen Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung (Aktionsbüro Mittelrhein) ein politischer Prozess, der seines Gleichen in der BRD sucht, vor dem Koblenzer Landgericht geführt. Noch immer befinden sich sieben Angeklagte seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft.

von ABM Prozess

19. Februar 2013 – 38.Prozesstag

Die Verteidiger nutzten ihre Stellungnahmen zur Aussage unter anderem dazu, die politische Dimension dieses Prozesses herauszustellen. Sie forderten das Gericht auf, sich in der Befragung doch auf die angeblichen Straftatbestände zu beschränken. Verständlich, da Fragen nach Parteimitgliedschaften und KV-Abenden und sonstigen strafrechtlich nicht relevanten Dingen, bisher stets sehr im Vordergrund standen. Nach der Mittagspause wurde ein neuer Befangenheitsantrag gegen einen Richter gestellt. Damit endete der Verhandlungstag. Die beiden nächsten angesetzten Prozesstage fielen somit aus. Fortsetzung am Dienstag, den 26.02.2013

26. Februar 2013 – 39.Prozesstag

Der Befangenheitsantrag wurde erwartungsgemäß zurückgewiesen. Der aussagewillige David H., der als erster zu Beginn des Prozesses bereits seine „nebulösen“ Einlassungen getätigt hatte, brachte, wie auf Knopfdruck, noch ein paar ebenso „nebulöse“ Ergänzungen zu Gehör. Nichts Neues eigentlich, aber er konnte sich auf diese Weise nochmal ins Rampenlicht bringen. Danach folgten ein paar Stellungnahmen der Verteidiger zu diesen Ergänzungen.

Anschließend sollte eigentlich der erste Zeuge, Ch. J. seine Zeugenaussage tätigen.

Daraus wurde aber nichts. Der Mitangeklagte Christian H., der angebliche Chef der Wohngemeinschaft WS 17 erklärte sich nach einem Gespräch mit Verteidigern, Staatsanwaltschaft und Richtern bereit, eine Einlassung zu tätigen, ebenso sei er bereit, Fragen von allen Seiten zu beantworten. Er begann, nach der Mittagspause, mit der Schilderung seines Lebenslaufes.

28. Februar 2013 – 40. Prozesstag

Der Tag beginnt mit einer Erklärung der Verteidiger des Christian H.

Erklärung seiner Anwälte:
Christian H. ist in KEINEM Aussteigerprogramm und wird nicht zur Spielfigur der Staatsanwaltschaft werden. Grund der Einlassung sei, sein Wille zur Klarstellung, da das bisherige entstandene Bild der Mitangeklagten falsch und irreführend sei. Er könne am Ehesten zur Wahrheitsfindung beitragen. Er sei bereit, Fragen von allen Seiten zu beantworten – jedoch nicht, wenn er dadurch Freunde belasten würde, (auch wenn er persönliche Nachteile erleidet). Christian H. berichtet von seinem politischen Werdegang. Danach beginnt er Begriffe, die sich in der Anklageschrift ständig wiederholen, aus seiner Sicht klarzustellen.Hier ein paar Beispiele:

– KV-Sitzung: Sitzungen der Kreisverbände der NPD (öffentlich und für jedermann zugänglich) wurden öffentlich angekündigt (Parteizeitung). Die Sitzungen wurden durch Vorstandsmitglieder eröffnet. Er selbst brachte sich als Unterstützer ein, da er kein Parteimitglied sei. Vorstellung der Termine und Kurzvorträge. Handys wurden zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Küche deponiert.

– Spieleabende: Woher der Begriff kommt, weiß er nicht mehr. Der Spieleabend diente der Vorbereitung der KV-Abende, Planung von Veranstaltungen sowie deren Unterstützung und Teilnahme, Anschaffung und Nutzung von Material, Gespräche auch Inhalte der Partei (bspw. Jugendzentrum Veranstaltung) .

– Innerer Kreis, erweiterter innerer Kreis, aüßerer Kreis: Diese Begriffe gab es niemals. Er hat sie erst aus der Angklageschrift oder den polizeilichen Ermittlungen kennengelernt. Es handelt sich um Wortschöpfungen von Polizei und Staatsanwaltschaft.

– Führerthing: Begriff ist ihm unbekannt. Das was hier gemeint sein dürfte, hieß eigentlich Koordinationstrefffen und diente vor allem der Vermeidung von Terminkollisionen verschiedener Veranstaltungen. Auch Fragen des Versammlungsrechts wurden besprochen.

– Braunes Haus: Begriff wurde durch Antifa verbreitet. Sie selbst bezeichnen die Wohngemeinschaft als WS17.

Weiter ging es mit Einlassung zu Dresden 2010 und Dresden 2011.

Mittagspause 12:30 Uhr – 14:10 Uhr

Fortsetzung zu Dresden 2011. Das linke Wohnprojekt „Praxis“ war ihm bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt. Aus diesem Haus kamen am besagten Nachmittag Gegenstände, z.B. Kronleuchter, Handwaschbecken, Flaschen, Bierkisten und Dachziegel geflogen. Zu dem Zeitpunkt hat er keine Polizei wahrgenommen. Schließlich identifiziert er sich selbst auf einem Gruppenfoto innerhalb eines Polizeikessels. Mehrere aussagebereite Mitangeklagte hatten ihn zuvor fälschlicherweise auf diesem Foto als vorne liegende Person identifiziert.

Pause 14:50 Uhr – 15:15 Uhr

Weiter geht es mit Fragen der Richter zum Zusammenleben in der WS 17 sowie zum Verhältnis zu Alkohol und Drogen. Christian H. erklärt, dass es zu Beginn der Wohngemeinschaft klare Absprachen gab. Es wurde im Haus weder Alkohol konsumiert noch geraucht. Bekannt war ihm, dass der Mitangeklagte und frühere Mitbewohner K. I. früher Drogen konsumiert hatte. Auch gab es eine klare Absprache (kein Alkohol) mit dem Mitangeklagten und Mitbewohner David H., wegen dessen bekannter Alkoholproblematik, zu konsumieren. Er wusste das David H. früher gekifft hat und andere Sachen konsumiert hat. David H. saß des öfteren betrunken ( 1 Flasche Schnaps/pro Tag) vor seinem Rechner und konsumierte wohl auch Drogen in seinem Zimmer. Der „Kronzeuge“ David H. begründete dies mit starken Stimmungsschwankungen, aufgrund seiner Depressionen.

Ende 16:00 Uhr

Christian H. hat außerdem gegen die Hochschule Koblenz geklagt, da diese eine Beurlaubung von seinem Studium auf Grund der U-Haft nicht akzeptieren will. Den Antrag lehnte die Hochschule ab, weil die Untersuchungshaft angeblich kein unerwartet eintretendes Ereignis im Sinne der Einschreibeordnung ist. Nach Auffassung der Hochschule Koblenz habe der Kläger aber durch sein „eigenverantwortliches Handeln im Bereich von Dauerdelikten“ ständig mit einer Verhaftung und zwingend mit Untersuchungshaft rechnen müssen. Das Gericht hielt dem entgegen, dass die Anordnung einer Untersuchungshaft nicht vorhersehbar sei. Der Haftrichter entscheide aufgrund eines dringenden Tatverdachts nach seinem Ermessen und prüfe, ob Haftgründe vorliegen. „Viele Angeklagte kommen zu ihrem Strafprozess von zu Hause aus“, betonte der Vorsitzende Richter Peter Fritz. Gehindert worden weiterzustudieren sei der Kläger nicht durch sein Verhalten, sondern durch die Untersuchungshaft.

Die Kammer deutete an, die Untersuchungshaft ohne Wenn und Aber als plötzliches und unerwartetes Ereignis zu werten und das noch ausstehende Urteil zugunsten Christian H. zu formulieren.

Erfreulicherweise wurden auch am 06.03.2013 weitere 4 Angeklagte aus der Untersuchungshaft entlassen und auch die Kontaktsperren aufgehoben.Berichte dazu gibt es hier.

Somit befinden sich immer noch sieben Angeklagte seit nun mehr über einem Jahr in U-Haft.

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