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§ 130 StGB – 03/2006 – Erlaubte ausländerkritische Äußerungen

Immer wieder haben wir davor gewarnt, in scharfer Form Kritik an Ausländern zu üben, und in den letzten zehn Jahren mußten wir feststellen, daß viele Staatsanwaltschaften und untere Gerichte immer strenger und ausufernder jede Kritik an Ausländern wegen § 130 StGB (Volksverhetzung) oder § 185 StGB (Beleidigung) verfolgten und verurteilten. Wir hielten diese Urteile sehr häufig für einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit des Art. 5 GG.

Eine entscheidende Wende brachte der Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes vom 12.11.2002, Az. 1 BvR 232/97, zu finden in NJW 2003, 660. Er machte die drastische Verschärfung bei ausländerkritischen Äußerungen wieder rückgängig, weil nach dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ein Aufstacheln zum Haß nur dann gegeben ist, wenn gleichzeitig ein Angriff auf die Menschenwürde der Ausländer vorliegt. Ist dies nicht der Fall, ist weiter zu prüfen, ob es sich bei der Äußerung um eine Tatsachenbehauptung oder um ein Werturteil handelt, und dann sind jeweils die für die Üble Nachrede, Verleumdung und Beleidigung entwickelten Kriterien maßgebend. Das bedeutet, daß z.B. die Wahrheit der Tatsachenbehauptung und die Frage, ob ein Werturteil eine Schmähkritik ist, für die Strafbarkeit entscheidend sind.

In diesem Sinne hat die Rechtsprechung die folgenden ausländerkritischen Äußerungen für erlaubt angesehen:

  • ein Flugblatt mit der Aufschrift „Deutsche – wehrt Euch! Nein zum EU-Beitritt der Türkei ! Nein zur Islamisierung Europas ! Ausländerrückführung statt weiterer Zuwanderung !“ (LG Dresden, Beschluß vom 05.02.2004, Az. 7 Qs 1/04),
  • ein Aufkleber mit einem Foto türkischer Frauen und der Aufschrift „Gute Heimreise jetzt“ (StA Berlin, Beschluß vom 01.08.2004, Az. 81 Js 1352/04),
  • ein Flugblatt, in dem behauptet wird, Schwarzafrikaner und Kosovo-Albaner handelten mit Rauschgift, die russische Mafia erpresse Landsleute und Kurden begingen Anschläge, und gefragt wird, warum ausländische Rauschgifthändler und Straßenräuber nicht endlich des Landes verwiesen würden (LG Lübeck, Urteil des LG Lübeck vom 24.03.1997, Az. 4 Qs 190/96),
  • ein Flugblatt mit der Forderung “Statt Abtreibung in Deutschland – Kondome für die Dritte Welt” (BayObLG, Beschluß vom 22.03.1990, Az. Rreg 5 St 136/89, zu finden in NJW 1990, 2479 f.),
  • eine Versammlung zum Thema “Herren im eigenen Land statt Knechte der Fremden” (BVerfG, Beschluß vom 07.04.2000, Az. 1 BvQ 17-18/01)
  • ein Aufkleber mit der Aufschrift “Multi-Kulti – Nein danke !” (StA Coburg, Vfg. vom 14.06.1995, Az. 5 Js 638/95),
  • eine Versammlung zum Thema „Multi-Kultur schaffen – Moscheebau stoppen“ (OVG Münster, Beschluß vom03.03.2006, Az. 5 B 347/06),
  • ein Plakat mit fünf verschiedenen Kinderköpfen und der Unterschrift “Vielfalt durch Abgrenzung – wir lieben diese Vielfalt und möchten sie erhalten” (AG Bamberg, Urteil vom 22.12.2000, Az. 20 C 2200/00),
  • die Forderung “Deutschland soll deutsch bleiben – Erst Deutschland, dann Europa – Wählen Sie deutsch – Es lebe unser geliebtes Vaterland, es lebe Deutschland” (LG Mainz, Urteil vom 13.07.1989, Az. 1 O 211/89, zu finden in NJW 1990, 2557 ff.),
  • die Forderungen “Gegen die Abschaffung des deutschen Volkes” – “Wir sind das Volk” – “Kein Rassismus gegen unser Volk” – “Wenn wir kommen, fliegen andere heim” (VG Frankfurt/Main, Beschluß vom 28.05.1999, Az. 5 G 1585/99),
  • ein Aufkleber mit einer orientalischen Familie auf einem fliegenden Teppich, die nach Deutschland fliegt (AG Berleburg, Urteil vom 15.08.1997, Az. 4 Ds 45 Js 44/97),
  • ein Flugblatt, in dem es u.a. heißt “Kriminelle Ausländer sofort ausweisen” (LG Lübeck, Beschluß vom 24.03.1997, Az. 4 Qs 190/96),
  • eine Wahlwerbung u.a. mit dem Text “Der Islamismus” sei das “Sicherheitsproblem Nr. 1 in Deutschland” (VG Potsdam, Beschluß vom 31.05.1999, Az. 5 L 477/99).

Das Deutsche Rechtsbüro bittet daher um folgendes:

  1. Fordern Sie aus unserem Archiv die oben genannten Entscheidungen an.
  2. Wenn es dann zu einem Strafverfahren oder einer Beschlagnahme des Flugblattes kommt, legen Sie Rechtsmittel bis zur letzten Instanz ein.
  3. Senden Sie uns Gerichtsentscheidungen und Meldungen zu juristischen Fragen für unser Archiv. Es ist nur so gut und so aktuell, wie es von Ihnen die entsprechenden Nachrichten erhält.

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