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Dein Verhalten bei einer Hausdurchsuchung

Wir leben in einem s.g. Rechtsstaat, das heißt erstens, dass wir in einem Staat leben. Leben in einem Staat bedeutet, dass jeder seiner Bürger ein wenig Freiheit in Sicherheit eintauscht. Die Freiheit des Bürgers wird durch Gesetze begrenzt, andererseits bekommt jeder auch ein großes Stück an Sicherheit ­ sein Leben und Besitz wird durch den Staat garantiert, so dass er, in der Regel, ein sicheres Leben führen kann, ohne um sein Leben und seine Habe zu fürchten. Zweitens bedeutet Rechtsstaat, dass das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit nicht willkürlich, sondern durch “das Recht” festgelegt wird. Das bedeutet, dass keine Staatsgewalt im Widerspruch zum schriftlich festgelegten Gesetz handeln darf.

Dass dies nicht immer so ist, liegt auf der Hand, aber bevor du dich dagegen wehren kannst, musst du erst erkennen, wo gültiges Recht überschritten wurde ­ hier gilt: Wissen ist Macht.
 

Der Leitfaden

Für Juristen unter euch, uns wird hier am meisten das Grundgesetz (Art. 13) und die Strafprozessordung (StPO, Par. 110) interessieren. Wie wir oben schrieben, garantiert der Staat per Gesetz jedem Bürger Sicherheit zu. Wenn sich also jemand (eine Privatperson oder eine Firma) in seinen Rechten verletzt meint (Diebstahl, Erschleichen von Dienstleistungen, Sachbeschädigung, Verletzung des Copyrights), hat er das Recht, den vermeintlichen Verursacher bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft anzuzeigen; wenn der Verursacher nicht bekannt ist, kann Anzeige "gegen unbekannt" gestellt werden. Jetzt kommt der Staat zum Zug, er kann ein Ermittlungsverfahren (EV) einleiten oder auch nicht. Damit wir schneller vorankommen, nehmen wir an, ein Ermittlungsverfahren ist eingeleitet worden. Das EV hat zum Zweck, hinreichende Beweise zu finden, um eine Anklage vor Gericht zu erheben, denn ohne einen Schuldspruch des Richters kann der tatsächliche Verursacher nicht zur Verantwortung gezogen werden (auch hier Prinzip des Rechtsstaats). Während des EV hat der Staat (Polizei, Kripo) eine ganze Palette an Mitteln, um den oder die Verursacher zu finden und/oder zu überführen. Er kann abhören, beschatten, verdeckte Ermittler einsetzen oder auch eine Hausdurchsuchung beim vermeintlichen Verdächtigen oder einem seiner vermeintlichen Komplizen anordnen.

Da sind wir also endlich beim interessanten Teil angelangt. Wann sind in einem EV genug Beweise/Hinweise gefunden worden, dass einer Hausdurchsuchung stattgegeben wird? Leider, leider: Sehr sehr schnell.

Schon wenn einer bei einer Vernehmung sagt, dass er gehört hat, dass jemand mal mit dem aktuellen Fall irgendwie zu tun hatte, kann das schon für einen Hausdurchsuchungsbefehl reichen. Es gibt auch Fälle, in denen einfach eine aufgeschriebene Telefonnummer, die zusammenhangslos bei einer Hausdurchsuchung gefunden wurde, schon zu einem Besuch der Kripo geführt haben. Grundsätzlich: Schon der kleinste, nichtigste Anhaltspunkt kann von den Beamten dem Richter so vorgeführt werden, dass er den Wisch ausstellt! Also wiegt euch nicht in Sicherheit ­ es kann jeden immer treffen! In besonders krassen Fällen, wo der Verfassungschutz z.B. Läden oberserviert hatte, wurden Menschen dann gezielt observiert und abgehört (und später selbstverständlich durchsucht), die sich auch nur zwei mal dort haben blicken lassen. Die Hausdurchsuchung (im weiteren mit HD abgekürzt) hat zum Ziel, Beweise oder Indizien für die Aufklärung einer Straftat und eine evtl. folgende Anklage zu finden.

Im Falle einer HD gilt ganz besonders: Keine Panik!

Eine Hausdurchsuchung ist nichts Schlimmes, sondern nur die Erfüllung deiner bürgerlichen Pflichten. Mit schreien (deine Mutter), toben, brüllen und mit aggressivem wie ohnmächtigem Verhalten machst du es nur den Polizeibeamten schwer, ihrer langweiligen Routinearbeit nachzukommen.

Beeindrucken kannst du sie damit nicht, sie werden ihren Job trotzdem tun. Jetzt gilt es klaren Verstand zu bewahren und keine unnötigen Fehler zu machen. Am besten wenn du deine Familie im voraus aufgeklärt hast, dazu aber später. Hinzu kommt, dass du dich gegen eine rechtmäßige HD nicht wehren kannst, sondern du musst sie erdulden, es sei denn, du bist John Rambo ...

Eine Hausdurchsuchung ansich ist eine Verletzung deines grundgesetzlich garantierten Rechts auf Privatsphäre (GG Art.13, Abs.1, Wortlaut: "Die Wohnung ist unverletzlich."), die Polizei darf also auf keinen Fall nach Gut dünken deine Wohnung betreten, wenn die Beamten das unrechtmäßig tun würden, würden sie sich selbst des Hausfriedensbruchs strafbar machen. Da jeder Eingriff in ein Grundrecht nur durch den Richter erfolgen darf, muss jede HD erst durch einen Richter angeordnet werden. Er stellt den Hausdurchsuchungsbefehl (HDB) aus, der der Polizei die Befugnis gibt, entsprechend aufgezählte Lokalitäten (Zimmer, ganze Wohnung, Garage, Dachboden, Fahrzeug, Haus) nach Beweisen zu durchsuchen.

Eine Ausnahme: "Gefahr im Verzuge", dies tritt ein, wenn der Umweg über den Richter einen nicht wieder gut zu machenden Zeitverlust für die Strafverfolgung bedeuten würde, sei es, dass ein Gefangener in deine Wohnung flüchtet oder in deiner Wohnung vermutete Beweise schon wenige Stunden später beiseite geschafft sein könnten ­ in diesem Fall darf die Polizei ohne Durchsuchungsbefehl handeln (wohlgemerkt, es handelt sich um eine Ausnahme, die gut begründet werden muss). Aber auch der Durchsuchungsbefehl ist kein Persilschein für die Polizeibeamten, sie sind an strenge Bestimmungen gebunden, z.B. nachts sind Durchsuchungen verboten! Die Nachtzeit ist wie folgend definiert:

  • 1. April ­ 30.September: 21:00 ­ 4:00 Uhr
  • 1. Oktober ­ 31.März: 21:00 ­ 6:00 Uhr

Natürlich gilt auch hier die Ausnahme für "Gefahr im Verzug".

Durch die Kriminalisierung der nationalen Bewegung kann heutzutage jeden Aktivist überraschend eine Hausdurchsuchung treffen. Daher legen wir dir dringend ans Herz, dir diese Sicherheitshinweise gründlich durchzulesen, dir vielleicht eine eigene Liste mit Stichpunkten anzufertigen, diese auszudrucken und sie dann an einem Punkt in deiner Wohnung postierst, an dem sie für dich in einer Ausnahmesituation gut sichtbar ist. Die Liste sollte eigene Gedankenstützen für dich und mindestens die Telefonnummer deines Anwaltes enthalten. So kann es nicht vorkommen das du in der Schrecksekunde, du wachst bei einer HD in der Regel durch lauts gepoche und gekeife an deiner Wohnungstür auf, nicht alles gelernte vergisst und deinen Anwalt kontaktieren kannst ohne an dein Mobiltelefon zu gehen. Dazu aber später mehr.

Wenn du keinen Waffenschein besitzt, lagere in deiner Wohnung keine Waffenscheinpflichtigen Waffen. Wir empfehlen jedem Aktivisten Wurfsterne, Butterflymesser, Schlagringe, sog. Polenböller und sonstigen eindeutig verbotenen Blödsinn nicht in der Wohnung zu lagern.

Lagere in deiner Wohnung keine Mehrfachexemplare von Büchern, CDs oder anderen Datenträgern, Flugblättern, Aufklebern, Fahnen oder Gegenständen mit Hakenkreuzen, SS-Runen, Hitlerbilder und anderen verfassungswidrigen Kennzeichen bzw. solchen, die den verfassungswidrigen Kennzeichen zum Verwechseln ähnlich sind. Das selbe gilt für Datenträger, Schriften, Aufkleber usw. mit Volksverhetzendem Inhalt!

Behalte nur ein einziges der genannten Gegenstände, - dies ist erlaubt.

Denke daran, dass bei einer Hausdurchsuchung nicht nur deine Privatwohnung durchsucht wird, sondern auch deine Geschäftsräume, Nebengebäude, Ställe, Gartenhäuser, Pkws usw. Es nützt also gar nichts die "verbotenen Gegenstände" einfach in die Garage auszulagern ...

Um andere Personen nicht ungewollt in Unannehmlichkeiten zu verwickeln, sammel nicht unnötig Anschriften, Karteien usw. Hebe auch nicht unnötig Briefe, Bestellungen, Rechnungen, Spendebelege usw. auf.

Das Smartphone hat Einzug in unsere Leben gehalten. Fluch und Segen zugleich. Im Falle einer HD jedoch eher ein Fluch als ein Segen, denn die Polizei kann enorm viel über dich und auch deine Freunde bzw. Kontakte erfahren indem sie die Daten auf deinem Mobiltelefon auslesen und auswerten können wenn das Telefon nicht vernünftig abgesichert ist.

Mobiltelefone sind grundsätzlich immer mit einem Passwort zu schützen und sofern möglich zu verschlüsseln! Das Passwort sollte aus mindestens 10 Buchstaben und Zahlen bestehen. Wenn möglich sind auch einzelne Apps zusätzlich mit einem Passwort zu versehen (Threema, Passwort-Manager etc.)

Wischgesten oder ein 4-5 stelliger "Pin" sind ausdrücklich nicht sicher
  • Nutze für die Verschlüsselung und Sicherung des Telefons niemals das gleiche Passwort wie z.B. auf Facebook, Google, Paypal usw.
  • Lösche regelmäßig die Verläufe deiner Nachrichtenprogramme wie Threema oder Signal. Verzichte komplett auf die Nutzung von WhatsApp!
  • Sei immer auf eine Hausdurchsuchung vorbereitet, sollte sie dich aber doch überraschen, so versuche die Apps, welche du zur Kommunikation verwendest zu löschen und trete aus allen Gruppen aus. Wenn möglich schreibe noch eine kurze Warnung an Kameraden.
Dies alles muss passieren bevor! die Polizei in deiner Wohnung ist. Du musst unbedingt das Telefon abgeschaltet haben bevor sie es in die Finger bekommen

Selbiges gilt für alle Tablets, Rechner und andere computerähnliche Geräte. Computer und externe Festplatten sind immer mit TrueCrypt/VeraCrypt zu verschlüsseln und es gibt absolut keinen vernünftigen Grund den Computer über Nacht laufen zu lassen. Also Rechner am Vorabend immer herunterfahren!

Wenn die Staatsgewalt an der Tür klingelt fragst du (der Hausherr) nach dem Hausdurchsuchungsbefehl. Wenn sie einen haben, liest du ihn dir genau durch, die Beamten warten währenddessen vor der Tür. Aus der Lektüre erfährst du, welche Räume durchsucht werden dürfen und welchen Zweck die Durchsuchung hat. So kannst du während der Durchsuchung kontrollieren, ob sich die Beamten an die ihnen durch den Richter übertragenen Befugnisse halten. Du hast das Recht, alles für dich zu protokollieren, auch wenn es nur für dich ist, ist es manchmal hilfreich. Wenn die Polizei wider Erwarten keinen schriftlichen HDB hat (bei "Gefahr im Verzug"), hast du das Recht zu erfahren, welcher Tat du verdächtigt wirst und zu welchem Zweck die HD statt finden soll.

Auf keinen fall darfst du eine mündliche Zustimmung zur Durchsuchung geben

Wenn du das tust, dann hast du, als freier Bürger, dich mit dem Eingriff in dein Grundrecht einverstanden erklärt, und die Beamten haben sich aller Formalien elegant entledigt, obwohl sie keinen HDB hatten. Wenn du also keinen Durchsuchungsbefehl präsentiert bekommst, musst du:

Laut und deutlich der Durchsuchung widersprechen

Falle nicht auf die Masche herein: "Sie haben doch nichts dagegen, dass wir uns etwas im Haus umsehen?" oder Ähnliches. Wenn die Beamten trotzdem eine HD durchführen wollen, so müssen sie das gegen deinen Willen tun; das kann sich später als ein Vorteil für dich erweisen. Das ist auch ein Punkt, wo du auch deine Wohngemeinschaft aufklären solltest ­ für den Fall, dass du nicht Zuhause bist. Wie du siehst, kannst du bereits hier eine potentielle Durchsuchung abblocken. Du solltest, wie die Staatsgewalt auch, bei allem höflich aber entschieden bleiben.

Die Polizisten sind geschult, selbst wenn du über belanglose dinge, wie über das Wetter redest, sie achten auf deine Gestik. Diese Leute sind darauf trainiert und nutzen psychologische Tricks gegen dich. Deshalb, rede nicht unnötig viel mit ihnen! Vermeide außerdem während der HD jegliches Telefonat über deinen Festnetzanschluss, außer mit deinem Anwalt! Egal um welches Anliegen es sich handelt. Telefonate machen die komplette Verschlüsselung und deine Sicherheitsvorkehrungen sinnlos, wenn du dich "verplapperst"

Ein paar Worte zum Sonderfall, dass nicht die Polizei sondern z.B.: das BAPT (Bundesamt für Post und Telekommunikation) wegen nicht zugelassener Sendeanlagen (Scanner, Amateurfunk, überschreiten der Sendekraft bei CB­Funk, Brenner, betreiben von Packet­Radio auf anderen Kanälen als vorgesehen) zu Besuch kommt. Du musst sie nicht in die Wohnung lassen!

Sage ihnen, dass du keine solchen Anlagen betreibst; sie werden dann gehen. Wenn du sie allerdings herein lässt und sie finden betriebsbereite Amateurfunkanlagen, für die du keine Lizenz hast, nehmen sie es mit und du siehst es nie mehr wieder.

Grundsätzlich dürfen sie nur das, was im HDB steht, insbesondere nur auf gezählte Räumlichkeiten durchsuchen. Aufräumen müssen sie allerdings nicht; sie dürfen aber keine Sachen beschädigen. Du hast das Recht, bei jeder Unklarheit nachzufragen und die Beamten an den durch den Richter gestellten Rahmen zu erinnern. Davon solltest du bei Bedarf Gebrauch machen (was stand im HDB, vs. was tun die Beamten?). Lass dich nicht voreilig entmündigen. Vorallem hast du das Recht, eine (oder mehr) durch dich bestimmte Person(en), als Zeugen bei der Durchsuchung hinzuzuziehen, z.B.: einen Nachbarn. Wenn kein Staatsanwalt bei der HD dabei ist (normal), dann muss ein Zeuge dabei sein. Oft machen sich es die Bullen einfach, und benennen einen Mitarbeiter als Zeugen. Seltsamerweise durchsucht er aber ebenfalls ­ was man sich nicht bieten lassen sollte.

Frage, wer bei der Durchsuchung als Zeuge hinzugezogen ist und dann schreite ein, wenn er sich an der Durchsuchung beteiligt
Wenn sie einer weniger sind, brauchen sie länger und es kostet sie mehr Nerven ­ was dazu führt, dass sie die Lust verlieren und nicht alles oder nicht so gründlich durchsuchen (Praxiserfahrung).

Solltest du mit dem HDB keinen Haftbefehl überreicht bekommen haben sind deine Freiheitsrechte während der Durchsuchung nicht eingeschränkt, d.h. du darfst dich in der Wohnung frei bewegen und telefonieren, z.B.: deinen Anwalt anrufen. Die Polizisten sagen gerne "Bitte setzen Sie sich hier hin und verhalten Sie sich ruhig" damit man im Auge der Beamten bleibt und nicht heimlich etwas beseitigen kann und sie nicht stört ­ wehre dich dagegen und beziehe dich auf die StPO!

Die Beamten dürfen zwar alle Gegenstände und Schriftstücke in der Wohnung "sichten", aber keine Schriftstücke "lesen" (Schutz der Privatsphäre). Sollten sie das widerrechtlich doch tun, sagst du einfach "Entsprechend des Paragraphen 110 der Strafprozessordung verbiete ich Ihnen, die gefundenen Schriftstücke zu lesen."

Nur der Staatsanwalt darf Schriftstücke lesen und auswerten

Vorsicht, wenn du die Beamten nicht selbst auf dieses Verbot hinweist, werden sie später sagen, du wärest stillschweigend mit ihrer Handhabe einverstanden. Beachte hier, dass die meisten Staatsanwälte weit weniger Verständnis von Computer­relevantem Material (Passwörter, Dialups, CCs, PBXen, Notizen, sensitive Daten) haben als inzwischen eintrainierte Durchsuchungsbeamte. Lass sie keine Sortierarbeit für den Staatsanwalt ­ und zu deinem Nachteil ­ machen! Schließlich kannst du darauf bestehen, dass alle Papiere in deinem Beisein versiegelt werden (empfehlenswert) ­ es hat zu dem den Vorteil, dass du beim Brechen des Siegels vom Staatsanwalt selbst anwesend sein musst, was hilft, die Auswertung der Durchsuchung zu verzögern.

Im Falle, dass die Durchsuchungsbeamten keinen HDB hatten, darfst du nach der Durchsuchung eine schriftliche Mitteilung, die den Grund und die verdächtige Straftat enthält, verlangen. Neben dieser wird auf jeden Fall ein Protokoll mit allen Daten (Personalien, Zeit, Liste beschlagnahmter Gegenstände) erstellt. Die Beamten verlangen meistens später deine Unterschrift darunter ­ dazu bist du aber gesetzlich nicht verpflichtet. Das heißt, verweigere die Unterschrift; ein Nachteil kann dir aus der Weigerung nicht gemacht werden. Auf jeden Fall hast du das Recht, das Schriftstück sorgfältig durchzulesen und eine Erklärung zu allem zu verlangen, was du nicht auf Anhieb verstehst.

Auf dem Protokollblatt werden an einigen Stellen Kreuze gemacht, die Aussagen ob der Hausherr mit der HD einverstanden war oder nicht, und ob die mitgenommenen Gegenstände "freiwillig herausgegeben" wurden oder erst "beschlagnahmt" werden mussten. Achte darauf, dass die Kreuze bei "nicht Einverstanden" und "nicht Freiwillig" stehen

Dies ist deine größte Chance, die beschlagnahmten Computer/Hardware jemals wieder zu bekommen. Wichtig ist vorallem aufzupassen, was der leitende Beamte sagt. Es wird auf jeden Fall bei der Überreichung des Zettels zum Unterschreiben der Satz kommen "Machen Sie hier ein Kreuz und unterschreiben Sie da." ­ falle nicht darauf herein! Im Allgemeinen beim Umgang mit der Staatsgewalt, also auch hier, gilt:

Alles was du den Polizeibeamten erlaubst, ob freiwillig oder aus deiner eingeschüchterten Lage heraus und angesichts der geballten Staatsmacht, braucht keine Rechtfertigung der Polizeibeamten, also auch keine nachträgliche richterliche Überprüfung.

Falsches Zuvorkommen ist hier fehl am Platze und bringt dir keinerlei Vorteile. Um nochmal zu unterstreichen: Wenn die Durchsuchung ohne Durchsuchungsbefehl statt findet, wirst du sogar ausdrücklich gefragt, ob du mit der Mitnahme (Sicherstellung) der Gegenstände einverstanden bist ­ dies musst du unbedingt verneinen. Diese Haltung solltest du während der gesamten Durchsuchung beibehalten, um keine Missinterpretationen deines (nonverbalen) Verhaltens zuzulassen. Was die evtl. mitgenommenen Gegenstände angeht, bestehe darauf, dass alles auf der Liste genauestens und differenziert beschrieben ist. Um direkt aus einem Rechtsberater zu zitieren:

Der Betroffene hat keine Veranlassung, den Polizeibeamten die Mühe zu ersparen, die einzelnen Gegenstände und den Fundort in der Wohnung so exakt wie möglich zu beschreiben.

Das ist nicht immer einfach, aber wir ermutigen dich dazu; das Gesetz ist hier eindeutig auf deiner Seite. Deine widersprechende Haltung ist die einzige Chance, überhaupt deine Computer/Hardware in annehmbarer Zeit (unter 6 Monaten) zurück zu bekommen.

Dies geht so: Wenn du widersprochen hast, muss von der Polizei innerhalb von drei Tagen eine Bestätigung beim zuständigen Amtsrichter eingeholt werden (egal ob ein HDB vorhanden war oder nicht). Der Richter wird also die Gründe für die bereits erfolgte HD überprüfen; sollten sie nicht ausreichend gewesen sein, muss die Polizei dir alles herausgeben. Damit nichts in Vergessenheit gerät, kannst du dich direkt an den zuständigen Amtsrichter wenden und eine "richterliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme" beantragen. Ausnahme bei Postsendungen auf der Post: sie sind für die Polizei tabu; beschlagnahmt werden dürfen sie nur vom Richter und bei Gefahr im Verzug nur vom Staatsanwalt.

Die folgenden Verhaltensregeln (kurzform) während einer Hausdurchsuchung sind daher empfehlenswert:

  • Bewahre Ruhe
  • Lasse dich durch die Beamten nicht einschüchtern.
  • Leiste keine Unterschrift! Sage lieber einmal zuviel "Nein" als einmal zuwenig. Äußere Dich nicht gegenüber den Beamten und zwar insbesondere nicht zu der dir vorgeworfenen Straftat. Verweigere die Aussage.
  • Beschimpfe die Beamten nicht, sonst könne ein Strafverfahren wegen Beleidigung gegen dich eingeleitet werden. Leiste außerdem kein Widerstand gegen gesetzlich zulässige Maßnahmen der Polizei, sonst könnte ein Strafverfahren wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gegen dich eingeleitet werden.
  • Lasse dir vor der Durchsuchung die Dienstausweise aller Polizeibeamten und des anwesenden Staatsanwaltes bzw. Richters zeigen. Wenn die Beamten dies verweigern, verweise darauf, dass du die Beamten nicht persönlich kennst und dass sich in der heutigen Zeit, Kriminelle häufig als Polizisten, Gasmänner usw. ausgeben. Bestehe daher auf die Vorlage der Ausweise. Lese diese dann genau durch. Merke dir die Namen der Beamten.
  • Verneine die Frage der Beamten, ob diese in die Wohnung hereinkommen dürfen. Die Beamten müssen dazu nämlich den so genannten "Durchsuchungsbefehl" vorlegen, die Anordnung des Richters oder des Staatsanwaltes oder der Polizei (siehe hierzu § 105 StPO). Der Durchsuchungsbefehl hat zu enthalten:
    • die Straftat, meist eine Bestimmung des Strafgesetzbuches,
    • die Tatsachen, aufgrund derer durchsucht wird,
    • die Sachen der Personen, die durchsucht werden sollen,
    • die Räumlichkeiten, die durchsucht werden sollen und zwar alles so genau wie möglich.
    Ein Durchsuchungsbefehl ist nur entbehrlich bei Vorliegen von "Gefahr im Verzug". Wenn sich die Beamten darauf berufen, bestehe darauf, dass dir erklärt wird, worin diese Gefahr liegen soll.
  • Lasse dir vor der Hausdurchsuchung den Durchsuchungsbefehl zeigen. Lese ihn genau durch. Gewähre den Beamten nur zu den Räumen zutritt, die im Durchsuchungsbefehl aufgeführt sind.
  • Frage, ob sich die Durchsuchung gegen dich als Verdächtigen (dann gilt § 102 StPO) oder als Unverdächtigen richtet (dann gilt § 103 StPO). Im letzteren Falle haben die Beamten einen noch engeren Handlungsspielraum.
  • Fragen, welche Gegenstände die Beamten suchen. Es ist zu überlegen, ob du die gesuchten Gegenstände freiwillig herausgibst, damit die Polizei in deiner Wohnung nicht noch so genannte "Zufallsfunde" macht, d.h. Gegenstände findet, die mit der Hausdurchsuchung in keinem Zusammenhang stehen, aber auf eine andere Straftat hinweisen. (§ 108 StPO)
  • Rufe sofort einen Rechtsanwalt an und bitte diesen, sofort zu dir zu kommen.
  • Widerspreche der Durchsicht deiner Papiere, also z.B. von Briefen, Fotoalben, Tagebuchaufzeichnungen, Tonbändern usw. - Bücher, Zeitungen, Flugblätter sind jedoch keine Papiere im Sinne des § 110 StPO. Die Papiere dürfen dann nur vom Staatsanwalt gelesen werden und müssen hierzu ggf. versiegelt werden (§ 110 StPO).
  • Achte darauf, dass ein genaues Verzeichnis der beschlagnahmten und in Verwahrung genommenen Gegenstände erstellt wird (§§ 107 und 109 StPO). Das Verzeichnis muss ähnlich genau sein wie der Durchsuchungsbefehl. Die bloße Angabe von "Beschlagnahmt wurden drei Bücher" genügt nicht, vielmehr muss jeweils Titel und Verfasser festgehalten werden.
  • Verlange nach der Beendigung der Hausdurchsuchung eine Abschrift des genannten Beschlagnahmeverzeichnisses und ein Protokoll (§ 107 StPO).
  • Wenn die Polizei deinen Forderungen nicht nachkommt, verlange den sofortigen Abbruch der Hausdurchsuchung und lasse dies in das Protokoll aufnehmen.

Wir empfehlen dir, dass du, sofern du es noch nicht getan hast, sofort nach dem die Polizisten Tschüss gesagt haben, deinen Anwalt anrufst, damit er Einspruch gegen die Durchsuchung einlegen kann. Sage, dass du die Computer für deine Arbeit dringend benötigst. Wenn die Sache gut geht, dann hast du nach 1­3 Monaten deine Hardware wieder. Vereinbare mit dem Anwalt, das du ihn nach "BRAGO" bezahlst; das ist günstiger für dich. Kostenpunkt ca. 250 Euro im Vorverfahren; es beinhaltet alles, Briefverkehr, Telefonate, Kopien etc., bis das Verfahren eröffnet wird.

Nimmst du dir keinen Anwalt, erhältst du

  • keine Akteneinsicht (weißt also nicht, wie sie auf dich gekommen sind und bei wem sie folglich noch vorbeikommen ­ so wie was sie bei dir gefunden haben
  • kann es sein, dass du das beschlagnahmte Material nie mehr wiedersiehst.

Alle mal besser als dass die Sachen irgendwo als Beweise für Jahre verschwinden. Sollte es zu einem Verfahren kommen, brauchst du auf jeden Fall einen Anwalt; die Kosten nach "BRAGO" liegen bei ca. 400 - 450 Euro. Am besten hörst du dich noch vor der Durchsuchung um, welcher Rechtsanwalt erfahrung hat, und notierst dir seine Telefonnummer und Urlaubszeiten. Du kannst dich auch beim Bürgeramt (sitzt im Regelfall im Rathaus deiner Gemeinde) nach erfahrenen Anwälten enkundigen. Dort bekommst du auch, wenn du minderbemittelt bist, einen Rechtsberatungsschein, der dich berechtigt, beim Anwalt deines Vertrauens eine Rechtsberatung (keine gerichtliche Vertretung) einzuholen; sein Honorar wird aus der Landeskasse beglichen.

Ein paar Worte noch zur Aufklärung deiner Familie. Viele von euch leben noch bei den Eltern oder in Wohngemeinschaften. Als nationaler Aktivist musst du jederzeit mit einer Durchsuchung rechnen, auch wenn du nicht zu Hause, z.B. verreist, bist. Wenn du bereits eine HD hinter dir hast, kann jederzeit eine weitere folgen, beim begründeten Anfangsverdacht musst du leider mit allem rechnen. Sag deinen Mitbewohnern, wie sie sich bei einer HD richtig verhalten sollen. Du kannst sagen, dass deine Schulfreunde CDs mit raubkopierter Software gekauft haben und dass die Hersteller jetzt eine Durchsuchungswelle planen und dass es jeden treffen kann (ziemlich unwahrscheinlich, aber das reicht uns hier). Du kannst z.B. einen Zettel mit Tipps an einem bekannten Ort in der Wohnung deponieren. Niemand weiss, wie er sich im Notfall verhalten wird. Langfristige mentale Vorbereitung ist notwendig.

Abschliessend fügen wir noch hinzu, dass du dich auf keinen fall auf einen Handel mit der Polizei einlassen darfst. Du machst keine Teilgeständnisse, erzählst von keinen Freunden, keinen Telefonnummern. Du bestehst komplett auf dein Aussageverweigerungsrecht. Wenn dich während der Durchsuchung ein Beamter fragt z.B. "Woher haben Sie die CD hier?" dann nicht antworten, denn ab einer bestimmten Anzahl von Beamten, die deine Antwort hören (ich glaube 3), gilt deine Antwort bereits als gemachte Aussage! Die Polizeibeamten sind psychologisch geschult, von Ablenkungsmanövern o.ä. raten wir dir drigend ab. Tatsache ist, dass die Polizei keine Befugnisse hat, dir Handel vorzuschlagen oder Vorteile zu versprechen oder gar zu garantieren; ihre Zusagen sind null und nichtig! Das Gegenteil ist der Fall: sie dürfen alle erlaubten Mittel anwenden, um Beweise zu finden und dich zu überführen. Also, ganz klare Sache, keine "Verhandlungen" mit der Polizei!

Sag ihnen von Anfang an, sie sollen mit deinem Anwalt reden und nicht mit dir

Wenn du einen Brief oder Anruf bekommst, zu einem Verhör zu erscheinen­ geh' nicht hin. Du bist nicht verpflichtet hinzugehen oder auch nur abzusagen. Das wird besonders gerne gemacht, wenn sich der Beschuldigte keinen Anwalt genommen hat. Falls es zu einem Gespräch mit der Polizei kommen sollte, nur mit Anwalt! Sollte es sogar sein, dass du nach der Durchsuchung auf die Wache mitgenommen wirst, um "polizeilich behandelt" zu werden, mit anderen Worten Fingerabdrücke abnehmen, Fotos etc., dann gilt auch hier wieder: Leiste keinerlei Unterschrift!

Weitere Hinweise

Es ist leider eine Tatsache, dass sich die Staatsorgane bei einer Hausdurchsuchung nicht immer an die gesetzliche Vorschriften halten. Nach Beendigung der Hausdurchsuchung stelle daher fest, ob und welche Rechtsverstöße dabei begangen wurden.

Rechtsverstoß 1

Es ist rechtswidrig, wenn die Beamten ihre Dienstausweise nicht zu Beginn der Hausdurchsuchung vorlegen.

Rechtsverstoß 2

Es ist rechtswidrig, wenn die Hausdurchsuchung durchgeführt wurde ohne deine Einwilligung und ohne richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl und ohne das Vorliegen von "Gefahr im Verzug". Gefahr im Verzug liegt vor, wenn ein richterlicher Hausdurchsuchungsbefehl nicht eingeholt werden kann, ohne dass der Zweck der Hausdurchsuchung gefährdet werden würde. Das heisst, dass die Hausdurchsuchung eilbedürftig sein muss und verhindern soll, dass Beweismittel vernichtet oder beiseite geschafft werden.

Die Rechtsprechung hat beispielsweise entschieden, dass Gefahr im Verzug nicht vorliegt, also eine Hausdurchsuchung rechtswidrig ist, wenn:

  • die Polizei nur allgemein vermutet, dass in der Wohnung noch Beweismittel vorhanden sind, und dass der Beschuldigte diese beseitigt, ohne dass hierfür irgendwelche Anhaltspunkte bestehen (LG Osnabrück, Urteil vom 26.11.1990, Az. 13 Js 13349/90 KLs, zu finden in Strafverteidiger, 1993, 573 f )
  • die Staatsanwaltschaft den Erlass eines richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl bewusst deswegen umgeht, weil der Beschuldigte über eine überwachte Telefonleitung keine Gespräche geführt hatte, so dass die Staatsanwaltschaft bei Gericht eine "undichte" Stelle vermutete (LG Darmstadt, Beschluss vom 12.08.1993, Az. 3 Qs 360/93, zu finden in Strafverteidiger, 1993, 573 f )

Rechtsverstoß 3

Es ist rechtswidrig, wenn zwar ein Hausdurchsuchungsbefehl erlassen wurde, dies aber willkürlich und unverhältnismäßig war.

Die Rechtsprechung hat beispielsweise entschieden, dass ein Hausdurchsuchungsbefehl willkürlich und unverhältnismäßig ist, dass die Hausdurchsuchung als rechtswidrig ist, wenn:

  • ein Hausdurchsuchungsbefehl gegen einen Unbeteiligten erlassen wurde, nur weil er mit einem Beschuldigten ein gemeinsames Postfach unterhalten hatte, ohne dass Anhaltspunkte für eine konkrete Tatbeteiligung des Unbeteiligten bekannt waren (BVerfG, Beschluss vom 23.06.1990, Az. 2 BvR 417/88, zu finden in NJW 1991, 690 f. ).
  • eine Hausdurchsuchung beantragt wurde aufgrund der Aussage einer Zeugin, die ein Jahr vor der Hausdurchsuchung vom Hörensagen her wissen wollte, dass der Beschuldigte drei Handgranaten gekauft hätte (KG Fürstenwalde, Beschluss vom 30.11.1993, Az. 4 Gs 26 Js 79/92 (81/93).

Rechtsverstoß 4

Es ist rechtswidrig, wenn der Hausdurchsuchungsbefehl zu ungenau ist. Die Rechtsprechung hat beispielsweise entschieden, dass ein Hausdurchsuchungsbefehl zu ungenau und daher rechtswidrig ist, wenn er nur den folgenden Inhalt hat:

In dem Ermittlungsverfahren gegen X wegen Volksverhetzung wird die Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume in der Y-Straße in Z angeordnet, weil nach den bisherigen Ermittlungen zu vermuten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen wird.
  • Es fehlt hier die Angabe, in welchen Räumen gesucht werden soll (Wohnraum? Geschäftsraum? Gartenhaus?). Volksverhetzung beschuldigt wird (Hat er ein Flugblatt verteilt? Welches?) Schließlich fehlt die Angabe, nach welchen Beweismitteln gesucht wird (Bücher? Schriften? Flugblätter?). (BVerfG, Beschluss vom 26.05.1976, Az. 2 BvR 294/76, zu finden in BVerfGE 42, 212 ff. und Beschluss vom 24.05.1977, Az. 2 BvR 988/75, zu finden in BVerfGE 44, 353 ff. und Beschluss vom 03.09.1991, Az .2 BvR 279/90, zu finden in NJW 1992 Qs 8/83, zu finden in MDR 1984, 603 Beschluss vom 12.12.1983, Az. 512 Qs 8/83, zu finden in MDR 1984, 603)

Rechtsverstoß 5

Es ist rechtswidrig, wenn der Hausdurchsuchungsbefehl zu spät vollzogen wird. Die Rechtsprechung hat beispielsweise entschieden, dass ein Hausdurchsuchungsbefehl zu spät vollzogen wird, die Hausdurchsuchung also rechtswidrig ist, wenn er erst nach sieben Monaten vollzogen wurde, ohne dass neue Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat vorliegen. (LG Zweibrücken, Beschluss vom 11.06.1990, Az. 1 Qs 105/90). Die Rechtsprechung hat dagegen entschieden, dass ein Hausdurchsuchungsbefehl nach drei Monaten noch vollzogen werden darf (LG Osnabrück, Beschluss vom 01.10.1986, Az. 29 Qs 101 , zu finden in NStZ 1987, 522).

Rechtsverstoß 6

Es ist rechtswidrig, wenn der Hausdurchsuchungsbefehl in einer Wohnung vollzogen wird, die zwischenzeitlich nicht mehr vom Beschuldigten, sondern von einem Unbeteiligten bewohnt wird. (LG Wiesbaden, Urteil vom 31.08.1987, Az. 6 Js 188780/86-81 Ls(Ns), zu finden in Strafverteidiger 1988, 292 f.)

Rechtsverstoß 7

Es ist rechtswidrig, wenn bei einer Hausdurchsuchung entgegen § 105 II StPO kein Richter; kein Staatsanwalt und keine Durchsuchungszeugen, also entweder ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, hingezogen werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.09.1990, Az 2 Vas 1/90, zu finden in NStZ 1991)

Rechtsverstoß 8

Es ist rechtswidrig, wenn die Polizei bei der Hausdurchsuchung Zufallsfunde entgegen § 108 StPO nicht zufällig findet, sondern systematisch nach Zufallsfunden sucht. Die Rechtsprechung hat beispielsweise entschieden, dass eine solche systematische Suche nach Zufallsfunden vorliegt, die Beschlagnahme also rechtswidrig ist, wenn:

  • im Rahmen eines Strafverfahrens wegen unerlaubten Waffenbesitzes nicht die Schusswaffe, dafür aber zahlreiche Schriftstücke gesucht und beschlagnahmt werden (KG Beschluss vom 29.05.1985, Az 2 AR 524/82 - 5 Ws 94/95, zu finden in Strafverteidiger 1985, 404 f.).
  • im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Steuerhinterziehung nicht nur die gesuchten Bankbelege eines bestimmten Jahres, sondern auch alle Privaten Briefe, Sparbücher, Kontoauszüge usw. gesucht und beschlagnahmt werden (LG Bonn, Beschluss vom 01.07.1980, Az. 37 Qs 57/80, zu finden in NJW 1981, 292 ff.).
  • im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Diebstahls von vier Vasen eine Vielzahl von anderen Gegenständen, vor allem schriftliche Unterlagen, gesucht und beschlagnahmt werden (LG Berlin, Beschluss vom 09.051983, Az 512a/512 Qs 18/83, zu finden in Strafverteidiger 1987, 97 ff.).

Rechtsverstoß 9

Es ist rechtswidrig, wenn die Polizei entgegen § 107 StPO nicht an Ort und Stelle der Hausdurchsuchung ein Verzeichnis der in Verwahrung genommenen Gegenstände anfertigt und dem Betroffenen sofort übergibt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.1992, Az. 4 VAs 5/92, zu finden in Strafverteidiger 1993, 235 f.).

Die Rechtsmittel gegen rechtswidrige Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen sind vielfältig und überaus schwierig gestaltet. Die richtigen Rechtsmittel sind die folgenden:

  • Der Antrag auf richterliche Entscheidung gemäß § 98 II StPO ist das richtige Rechtsmittel gegen rechtswidrige Beschlagnahmen (z.B. Rechtsverstoß 8). Der Antrag ist bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk du wohnst, einzulegen. Eine Frist ist hier nicht einzuhalten. Kosten entstehen nicht.
  • Die Beschwerde gemäß §§ 304 ff. StPO ist das richtige Rechtsmittel gegen alle rechtswidrigen Beschlüsse des Gerichts, also gegen willkürlich, unverhältnismäßige Hausdurchsuchungsbefehle des Richters (Rechtsverstoß 3) und ungenaue Hausdurchsuchungsbefehle des Richters (Rechtsverstoß 4) sowie gegen die richterliche Bestätigung einer Beschlagnahme (bei Rechtsverstoß 8). Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, das den Hausdurchsuchungsbefehl oder die Beschlagnahmebestätigung erlassen hat. Meist ist dies das Amtsgericht, in dessen Bezirk du wohnst. Eine Frist ist hier nicht einzuhalten. Kosten entstehen nicht.
  • Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 EGGVG ist das richtige Rechtsmittel gegen alle Rechtsverstöße, die die Art und Weise der Hausdurchsuchung betreffen (Rechtsverstoß 7 und 9). Der Antrag ist innerhalb eines Monats bei dem Oberlandesgericht einzulegen, in dessen Bezirk du wohnst. Es fallen Gerichtskosten an, die bis zu mehreren hundert Euro betragen können.
  • Die Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 90 ff. BVerfGG ist das richtige Rechtsmittel gegen alle ablehnenden Entscheidungen und Beschlüsse der Gerichte aufgrund deiner Beschwerde oder deinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Die Verfassungsbeschwerde ist beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einzulegen, und zwar innerhalb eines Monats nach Zustellung des ablehnenden Beschlusses. Es fallen keine Gerichtskosten an.
  • Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist das richtige Rechtsmittel gegen alle Rechtsverstöße. Sie ist bei dem Vorgesetzten der Beamten einzulegen, die die Hausdurchsuchung vorgenommen haben. Eine Frist ist hier nicht einzuhalten. Kosten entstehen nicht.
  • Die Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs ist das richtige Mittel bei schwerwiegenden Rechtsverstößen. Sie ist bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht einzulegen, in dessen Bezirk du wohnst. Eine Frist ist nicht einzuhalten. Kosten entstehen nicht. Das Erstatten einer Strafanzeige sollte aber sorgfältig überlegt werden, weil das wahrheitswidrige Erstatten einer Strafanzeige eine strafbare Verdächtigung gemäß § 164 StGB darstellt.

Bitte beachte, dass die Rechtsmittel von den Gerichten nur dann Inhaltlich, d.h. auf ihre Begründetheit hin, überprüft werden, wenn die Rechtsmittel zulässig sind. Dies ist bei Hausdurchsuchungen sehr schwierig geregelt. Zulässig sind Rechtsmittel gegen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen nur, - wenn entweder die Hausdurchsuchung noch nicht beendet ist; das ist nur dann der Fall wenn die Papiere gemäß § 110 StPO noch nicht von der Staatsanwaltschaft durchgesehen wurden, - dies ist ein sehr seltener Fall (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.07.1979, Az. 3 VAs 4/79, zu finden in NJW 1979, 2527).

Wenn die Hausdurchsuchung zwar abgeschlossen ist, aber ein Feststellungsinteresse an der Einlegung des Rechtsmittels besteht. Die Rechtsprechung hat ein solches Feststellungsinteresse nur in beendeter Hausdurchsuchung noch zulässig, wenn

  • entweder Wiederholungsgefahr bestand, z.B. wenn im Laufe eines Jahres gegen einen Betroffenen fünf Hausdurchsuchungen stattfanden (KG, Beschluss vom 08.09.1971, Az. 2 VAs 43/70, zu finden in NJW 1972, 169 ff.),
  • oder wenn ein schwerer, erheblicher Grundrechtseingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 GG zu finden in NJW 1991, 690 f.).
  • oder wenn die Hausdurchsuchung eine diskriminierende Wirkung durch Reaktionen Dritter gehabt hat (OLG Stuttgart, Beschluss vom 05.05.1977, Az. 4 VAs 134/76, zu finden in NJW 1977, 2276 f.).

Bei der Verfassungsbeschwerde ist die Zulässigkeit dagegen immer - auch nach Beendigung der Hausdurchsuchung - gegeben, weil ein Grundrechtseingriff in Art. 13 GG vorliegt (BVerfG, Beschluss vom 23.06.1990, Az. 2 BvR 417/88, zu finden in NJW 1991, 690 f.).

Beachte schliesslich, dass ein Rechtsmittel nur dann Erfolg hat, wenn du deine Behauptung auch beweisen kannst, z.B. durch die Vorlage von Schriftstücken, Fotos usw. oder durch die Benennung von Zeugen

Wenn du bei einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung und rechtswidrigen Beschlagnahme keine Rechtsmittel eingelegt hast oder diese nicht erfolgreich waren, steht dir als wichtigstes Mittel im Rahmen des Strafverfahrens ein Beweisverwertungsverbot zu. Das heisst, dass die aufgrund rechtswidrigen Hausdurchsuchungen oder Beschlagnahmen gewonnenen Beweismittel nicht gegen dich verwandt werden dürfen und zu keiner Verurteilung führen können. Das Gericht muss vielmehr so tun, als seien diese Beweismittel nicht vorhanden.

Die Rechtsprechung hat ein Beweisverwertungsverbot bejaht, - derartig gewonnene Beweismittel dürfen im Strafverfahren nicht zu einer Verurteilung führen bei Hausdurchsuchungen:

  • ohne richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl und ohne das Vorliegen von Gefahr im Verzug (LG Osnabrück, Urteil vom 26.11.1990, Az. 13 Js 13349/90 KLs, zu finden in Strafverteidiger 1991, 152 f. und LG Darmstadt, Beschluss vom 12.08.1993, Az. 13 Qs 360/93, zu finden in Strafverteidiger 1993, 573 f.), (Rechtsverstoß 2),
  • die unverhältnismässig sind (BVerfG, Urteil vom 24.05.1977, Az. 2 BvR 988/75, zu finden in BVerfG 44, 353, 373 ff. 383 und Krekeler, NStZ 1993, 263, 265) (Rechtsverstoß 3),
  • ungenauem Hausdurchsuchungsbefehl (Krekeler aaO) (Rechtsverstoß 4),
  • zu später Vollstreckung (Krekeler aaO),
  • in einer Wohnung, die zwischenzeitlich ein Unbeteiligter bewohnt (LG Wiesbaden, Urteil vom 31.08.1987, Az.6 Js 188780/86-81 Ls (Ns), zu finden in Strafverteidiger 1988, 292 f.) Rechtsverstoß 6),
  • mit systematischer Suche nach Zufallsfunden (LG Bonn, Beschluss vom 01.07.1980, Az. 37 Qs 57/80, zu finden in NJW 1981, 292 ff. und LG Berlin, Beschluss vom 09.05.1983, Az. 512a/512 Qs 18/83, zu finden in Strafverteidiger 1987, 97 f.) (Rechtsverstoß 8).
Wenn du Anregungen oder Fragen zum Leitfaden hast, tritt gerne unserer Diskussionsgruppe auf Telegram bei oder kontaktiere uns über das Kontaktformular.
Diese Seite wurde zuletzt am 27.09.2024 aktualisiert.

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