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Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts

Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen

Zunächst einmal müssen wir unterscheiden: Wann handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung, wann handelt es sich um eine Meinungsäußerung? – Wir können die Abgrenzung wie folgt vornehmen:

  • Tatsachenbehauptungen sind einem Beweis zugänglich, sie sind entweder objektiv „richtig“ oder „falsch“.
  • Meinungsäußerungen dagegen sind gekennzeichnet durch ein Element des Meinens, des Dafürhaltens, der Stellungnahme und sind keinem objektiven Beweis zugänglich.

von Sascha Krolzig

Wir müssen diese Unterscheidung deshalb vornehmen, weil sie für die Frage, wann eine rechtswidrige Verletzung des Privatlebens vorliegt, von entscheidender Bedeutung ist: Tatsachenbehauptungen dürfen nur dann getätigt werden, wenn sie objektiv wahr sind; ansonsten hat der Verletzte einen Unterlassungsanspruch und kann Schadensersatz beziehungsweise Schmerzensgeld geltend machen.

Bei Meinungsäußerungen hingegen führen die Gerichte eine Abwägung durch, ob im konkreten Einzelfall dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen oder dem Meinungsäußerungsrecht der anderen Seite der Vorzug zu geben ist. Während bei Beiträgen zum geistigen Meinungskampf eher die Meinungsäußerungsfreiheit überwiegt, ist bei Vorliegen einer Schmähkritik grundsätzlich dem Persönlichkeitsrecht der Vorzug zu geben. Diese Form der Kritik ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.

Beispiele für rechtswidrige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht

Rechtswidrige Eingriffe in das Privatleben sind zum Beispiel die Veröffentlichung…

  • …von privaten Briefen oder privaten Aufzeichnungen,
  • …eines erdichteten Interviews,
  • …einer heimlich erstellten Tonbandaufzeichnung oder
  • …des Namens, der Privatanschrift und der Telefonnummer einer Person.

Wie die Gerichte entschieden haben, handelt sich bei folgenden Handlungen und Äußerungen ebenfalls um rechtswidrige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht:

  • Eine Demonstration gegen eine Person innerhalb einer Zone von 500 Metern um die Privatwohnung der Person herum.
  • VGH Kassel, Beschluss vom 07.12.1993, Az. 3 TG 2347/93
  • Die Abbildung des Markennamens „Opel“ auf einem Werbeplakat der NPD.
  • LG Düsseldorf, Urteil vom 01.06.2005, Az. 2a O 146/05
  • Die Äußerung des Verdachts, der Fraktionschef einer bundesweit agierenden, linksgerichteten Partei habe mit der Stasi zusammengearbeitet.
  • OLG Hamburg, Beschluss vom 31.07.2008, Az. 7 W 73/08
  • Die „taz“ darf den Politiker und Buchautor Thilo Sarrazin nicht als „lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“ bezeichnen und ihm wünschen, dass „der nächste Schlaganfall sein Werk gründlicher verrichten möge“.
  • LG Berlin, Urteil vom 15.08.2013, Az. 27 O 183/13
  • BILD-Kolumnist Franz Josef Wagner darf die Politikerin Gabriele Pauli nicht als „durchgeknallte Frau“ bezeichnen.
  • BVerfG, Beschluss vom 11.12.2013, Az. 1 BvR 194/13
  • Die Bezeichnung einer Person als „glühenden Antisemiten“, sofern dafür keine tatsächlichen Bezugspunkte gegeben sind („Elsässer-Ditfurth-Prozess“).
  • LG München I, Urteil vom 10.12.2014, Az. 25 O 14197/14
  • Der „Heimführungsbeauftragte“ der NPD darf eine Bundestagsabgeordnete der Linken nicht in einem Brief zur freiwilligen Ausreise auffordern.
  • Quelle: Radio Berlin Brandenburg, 14.12.2015
  • Die in Form einer Satire geäußerte Meinung und Kritik am Verhalten Dritter findet ihre Grenze dort, wo es sich um reine Schmähung oder Formalbeleidigung handelt beziehungsweise die Menschenwürde angetastet wird („Böhmermann-Affäre“).
  • LG Hamburg, Beschluss vom 17.05.2016, Az. 324 O 255/16
  • Die Bezeichnung einer „Seenotrettungs-Initiative“ als „Schlepperbande“ und „Gesetzesbrecher“.
  • Quelle: Zeit Online, 10.01.2017

Beispiele für erlaubte Veröffentlichungen

Hingegen haben die Gerichte folgende Aussagen als vereinbar mit der Meinungsfreiheit und damit als rechtmäßig angesehen:

  • Die Stadt Dortmund darf in der Informationsbroschüre „Rechtsextreme Strukturen in Dortmund“ die führenden Mitglieder der „rechtsextremen Szene“ namentlich nennen.
  • Quelle: DerWesten, 05.10.2012
  • Die Bezeichnung einer Person als „rechtsextrem“ oder „rechtsradikal“ ist eine Meinungsäußerung (keine Tatsachenbehauptung!) und im öffentlichen Meinungskampf grundsätzlich von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt.
  • BVerfG, Beschluss vom 17.09.2012, Az. 1 BvR 2979/10

à Das gilt für die Begriffe „linksextrem“ und „linksradikal“ natürlich genauso! [Anm. d. Verf.]

  • Die Bezeichnung einer Person als „homophob“ ist eine Meinungsäußerung und im öffentlichen Meinungskampf grundsätzlich von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt, genauso wie der Spruch „Fick dich, AfD!“
  • AG Hamburg-Altona, Urteil vom 27.01.2015, Az. 316 C 292/14
  • Der Boykottaufruf gegen einen Friseursalon, weil der Mitinhaber AfD-Mitglied ist.
  • OLG Dresden, Urteil vom 05.05.2015, Az. 4 U 1676/14
  • Die Bezeichnung einer Person als „Nazi“, „Neonazi“ oder „Neofaschist“, sofern für diese Behauptung tatsächliche Bezugspunkte gegeben sind (zum Beispiel „Äußerungen, die typisch für eine rechtsradikale Gesinnung/Haltung sind“).
  • OLG Stuttgart, Urteil vom 23.09.2015, Az. 4 U 101/15
  • Die Behauptung, „Leute wie Claudia Roth“ hätten bei den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht 2015 „mittelbar mitvergewaltigt (…), nicht im juristischen Sinne, aber im übertragenen Sinne.“
  • OLG Köln, Beschluss vom 07.04.2016, Az. 15 W 14/16
  • Wahre Tatsachenbehauptungen über Vorgänge aus der Sozialsphäre sind grundsätzlich hinzunehmen, sofern sie keinen Persönlichkeitsschaden befürchten lassen, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht (entschieden wurde über die Behauptung wahrer Tatsachen über einen Rechtsstreit auf Internetportalen).
  • BVerfG, Beschluss vom 29.06.2016, Az. 1 BvR 3487/14

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