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71. Prozesstag gegen das Aktionsbüro Mittelrhein

Im Folgenden berichten wir über die Verhandlungstage im AB-Mittelrhein-Prozess. Gegen 26 Angeklagte wird wegen Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung (Aktionsbüro Mittelrhein) ein politischer Prozess, der seines Gleichen in der BRD sucht, vor dem Koblenzer Landgericht geführt. Noch immer befinden sich 7 Angeklagte seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft.

von ABM Prozess

17. Juli 2013 – 71. Prozesstag

Beginn der Verhandlung war diesmal schon 10:15 Uhr. Die Zeugin S. T. aus Berlin wurde gleich nach der Belehrung nach ihrer politischen Ausrichtung gefragt. In einem angeblich unpolitischen Prozess ist es ja auch wichtig zu wissen, ob die Aussagen unterschiedlich bewertet werden müssen?

Momentan sei sie laut eigenen Aussagen nicht politisch aktiv. Zu dem Zeitpunkt, als ihr KFZ beschädigt wurde, war sie Teilnehmerin auf zwei Gegendemos der Rheinwiesenlagerveranstaltungen, sowie Teilnehmerin auf einer Gegendemo in Bonn und Gast auf einer Veranstaltung der Solid in Sinzig.

An dem Abend an dem ihr KFZ beschädigt wurde, befand sie sich mit anderen Gleichgesinnten auf einer Party eines damals bekannten Antifaschisten in Remagen. Anwesend auf der Party waren ca. 10-15 Personen, wobei ihr etliche Personen namentlich nicht bekannt gewesen seien. Bei ihrer Schilderung des Tatabends wurde klar, daß sie selbst vom „Schaden“ erst am Folgetag, aufgrund Aussagen von Anwohnern, erfuhr. Sie habe damals selbst keine sichtbaren Schäden festgestellt.

Nach einer kurzen Pause betrat der nächste Zeuge A.B. den Saal und wurde belehrt. Da sich in der Verhandlungspause die Zeugen A.B. und S.T. ausgiebig unterhalten hatten, wurde nun von Verteidigern nach dem Inhalt dieses Gesprächs gefragt. Angeblich habe man in diesem Gespräch natürlich keinerlei Absprachen getroffen, sondern nur erörtert, daß eine Aussage vor Gericht eine unangenehme Sache sei. Auch habe man ganz allgemein über das Wohlbefinden der jeweiligen Person gesprochen.

Über seine politische Tätigkeit befragt, bekundet der Zeuge dann wie folgt:

Ja, er sei heute weniger als damals politisch aktiv, da es im Kreis Ahrweiler ja aktuell den Bedarf nicht mehr so gibt – damals war es wichtiger, die Bürger zu informieren.
Heute gehe es darum, Gruppen aus dem Umkreis zu unterstützen und mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Er sei eindeutig „eher links zu hause“. Einer Partei gehöre er nicht an, er habe viel mit und für die Antifa Ahrweiler gemacht. Inzwischen seien diese Leute ebenfalls nicht mehr so aktiv. Er gab dann einiges zur Antifa Ahrweiler preis. Versuchte darzulegen, daß er Mitglieder jedoch meist nur mit Spitznamen gekannt habe. Erst auf Nachfrage des leitenden Richters, konnte er dann doch noch einige Namen nennen.
Um zu erfahren, in welcher Straße sich das Wohnprojekt WS 17 befinde, sei man in Bad Neuenahr / Ahrweiler dann alle Straßen mit „W“ abgefahren und habe Ausschau gehalten. Später habe er dann nach einem VW Bus Ausschau gehalten, dessen Insassen im Wahlkampf Plakate einer nicht verbotenen Partei aufgehängt hatten, um das Wohnprojekt WS 17 ausfindig zu machen.
Die Antifa Ahrweiler habe auch Kontakte mit dem Bündnis Remagen gepflegt. Zusammen mit diesem Bündnis Remagen wurden die Gegendemos in Remagen organisiert. Im Gegenzug erhielt das Bündnis dafür auch staatliche Förderung. Es folgten einige Angaben zum Bündnis Remagen. Er sei bei den Gegendemos 2009-2012 immer anwesend gewesen. Erinnerungslücken hatte er dann wieder, als nach der Person befragt wurde, die die Presseartikel der Antifa veröffentlicht hatte. Er selbst habe Artikel bei Indymedia veröffentlicht.
Er vermutete auch, das das sogenannte „AB-Mittelrhein“ eine gewaltbereite rechtsradikale Gruppe sei und für Sachbeschädigungen verantwortlich war. Stichhaltige Angaben konnte er dazu nicht machen. Zumindest konnte der Zeuge sich erinnern, daß es gegen ihn niemals körperliche Übergriffe von Seiten der Angeklagten gegeben habe.

Anschließend folgte die Mittagspause von 12:30 – 14:00 Uhr.

Er habe den auch schon befragten Zeugen R.K. durch die Kontakte zum Bündnis Remagen kennengelernt.

Zitat: „Er hat das Bündnis in ein Förderprogramm rein bekommen, wo es Geld erhält.“

Anschließend gab er seine Erkenntnisse zu verschiedenen Sachbeschädigungen zu seinen Ungunsten kund. So befand er sich am Abend des angeblichen Brandanschlags auf das Auto der Zeugin S.T. auch in den gleichen Räumlichkeiten in Remagen und feierte. Er habe getrunken, sei aber in dieser Nacht (Trunkenheitsfahrt?) nochmals mit seinem Auto durch Remagen gefahren, habe dann wieder an der gleichen Stelle geparkt. Am Auto der Zeugin S.T. habe er keinerlei Schäden bemerkt. Auch ihm wurde erst am nächsten Tag durch die Polizei dieser Vorfall des „Brandanschlags“ bekannt gemacht. Die angeblich beschädigten Reifen mussten laut Zeuge A.B. nicht gewechselt werden und taten bis zur Verschrottung dieses Autos ihren Dienst.

Er könne sich nicht erinnern, ob es auch linke Übergriffe gab. Er selbst sei nie an Gewalttätigkeiten beteiligt gewesen, sondern habe sich dann zurückgezogen.

Es folgten Fragen der Staatsanwaltschaft.

Immerhin räumte der Zeuge ein, es habe Treffen mit seinen Freunden gegeben. Immer spontan, man habe auch gemeinsam gekocht. Es sei ihm nicht bekannt, ob auf diesen Treffen Aktionen gegen das Wohnprojekt WS17 geplant wurden. Er habe das zwar später „mitbekommen“, könne dazu jedoch nichts sagen. Auch Outingaktionen gegen Rechte habe er mitbekommen, sei aber an keiner Planung beteiligt gewesen. Das Auftauchen der Outing-Flyer habe er vermutlich auf einer Blogseite gelesen. Zu Kontakten zur Antifa Bonn befragt, meinte der Zeuge, er sei zwar oft in Bonn auf Feiern unterwegs, habe aber wenig Kontakt zu den Personen. Als Beweggründe seiner Kontaktaufnahme zur Antifa Ahrweiler, gab er noch erklärend an, damals habe ihn die Gewalt und der Lifestyle interessiert bzw. fasziniert.

Nach einer kurzen Pause hatten die Verteidiger und Angeklagte die Möglichkeit dem Zeugen Fragen zu stellen. Hier nun einige Kostproben:

Zeuge A.B.: Was soll ich hier aussagen, ich habe keine Lust hier zu sitzen!

War wahrscheinlich 2010 auch in Dresden auf Gegendemo, wisse aber nicht, wer ansonsten mit dabei war.

Frage: Was sind die Ziele der Antifa AW?
Antwort: AB-Mittelrhein sollte über kurz oder lang unfähig werden.

Frage: Das haben Sie ja erreicht, könnte man Sie ja beglückwünschen.
Antwort: Dankeschön!

Frage: Wozu sind Sie auf Gegendemos gefahren?
Antwort: Um zu stören, im legitimen Maße.

Frage: Ist es Ihrer Ansicht nach legitim, z.B. die Dresden Demo zu blockieren?
Antwort: Ja

Bei der weiteren Befragung durch einen Verteidiger kam dann doch noch zum Vorschein, daß der Zeuge selbst auch die o.g. Flyer in der Nachbarschaft des WS17 verteilt hat. Wahrscheinlich auch nur eine „Erinnerungslücke“.

Frage: Welche Rolle spielten Sie in der Antifa?
Antwort: Keine zentrale Person

Frage: Waren Sie an der Zerstörung des VW Bullis beteiligt gewesen?
Antwort: Dazu muss ich nichts sagen.

Ende des Verhandlungstages gegen 16:30 Uhr.

Noch erwähnenswert erscheint die Tatsache, dass dieser Zeuge am folgenden Tag NICHT vor Gericht erscheinen muss, da er bereits Karten für ein Festival an kommenden Wochenende hat und schon jetzt anreisen möchte.

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