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1. – 10. Prozesstag gegen das Aktionsbüro Mittelrhein

Mitte September endeten die ersten 10 Verhandlungstage gegen die 26 Angeklagten des Aktionbüros Mittelrheinwegen Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Organisation.

In Koblenz stehen zur Zeit 26 nationale Aktivisten vor Gericht, weil sie laut Anklage einen „Neonazi-Staat“ errichten wollten. Die Staatsanwaltschaft, die in der Vergangenheit schon zwei Verfahren bzgl. des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung geführt hat – gegen die Kameradschaft Westerwald und das Widerstand-Radio – versucht auf einer 926seitigen Anklageschrift zu belegen, wie „kriminell“ das Aktionsbüro Mittelrhein bzw. seine Mitglieder in der Vergangenheit waren. Laut Anklagschrift waren einige der Angeklagten zwischen 2009 und 2011 an Gewalttaten gegen Mitglieder der linken Szene in Remagen, Wuppertal und Dresden beteiligt. Einige sollen unter anderem Hakenkreuze auf Häuserwände gesprüht und an einem unangemeldeten Aufmarsch mit Fackeln in Düsseldorf teilgenommen haben. Außerdem sollen auch Linke ausspioniert und deren Adressen gesammelt worden sein.

von ABM Prozess

Die Anklageschrift würde also auch so gut wie auf jede Antifa-Gruppe in Deutschland zu treffen – nur die Antifa greift ja Nationalisten an und das scheint ja in der BRD nicht verfolgt zu werden.

Im Saal 128 des Landgerichts Koblenz versuchen 52 Verteidiger, die 26 Angeklagten im Alter von 19 bis 54 Jahren, der Staatsanwalt Schmengler und Kollege, der vorsitzende Richter Hans-Georg Göttgen und seine beiden Kollegen, eine Protokollantin sowie unzählige Justizbeamte Platz zu finden. Noch immer sitzen 17 der 26 Angeklagten nach ihrer Festnahme im März diesen Jahres in Untersuchungshaft. Begründet wird dies mit angeblicher Fluchtgefahrt, Verdunklungsgefahr und fehlender sozialer Kontakte. Dabei hatte sich beispielsweise zwei der Beschuldigten freiwillig gestellt. Bei allen Personen waren übrigens die Haftbefehle in ihren wesentlichen Bestandteilen gleich ausgestellt (Textbausteine). Außerdem bekommen nicht alle Gefangene warmes Essen in der Mittagspause und werden teiweise in die Gefangentransporter gesperrt. Dies macht man nicht mal mit Hunden bei solchen sommerlichen Temperaturen.

Eigentlich waren nur 10. Verhandlungstage angesetzt. Der Vorsitzende Richter scheint aber begriffen zu haben, um was für eine Größenordnung es sich in diesem Prozess handelt, als er sagt: „Wir wissen alle, dieses Verfahren sucht seinesgleichen – und wird es nicht finden“.

Nachdem sämtliche Befangenheitsanträge gegen den vorsitzenden Richter sowie seine Schöffen erwartungsgemäß abgelehnt wurden, dutzende Antrage zu den Haftbedingungen gestellt wurden, die schlechte Sicht der Verteidiger auf den Zeugenstand im Gerichtssaal beanstandet wurde, konnte am 6. Verhandlungstag damit angefangen werden, die Angeklagten zu ihren persönlichen Verhältnissen zu befragen. Viele verweigerten schon hier ihre Aussage. Die etwa 5 Aussagewilligen, darunter der Hauptbelastungszeuge David. H. und Tim S. wie auch Axel Reitz machten umfangreiche Angaben zu ihrer Person und „Laufbahn“.

Die letzten Verhandlungstage wurden damit verbracht, den umfangreichen Aussagen des Mitangeklagten David H., der sich im Aussteigerprogramm befinden soll, zu lauschen. David H. stammt aus Dresden und gehörte ursprünglich der Antifa an und wechselte dann irgendwann die Seiten. Er wohnte lange Zeit im sogenannten „Braunen Haus“ in Ahrweiler. Nach Bekanntwerden seines Drogenkonsums musste er das nationale Wohnprojekt aber umgehend verlassen. In den vor Gericht gemachten Aussagen von David H. fiel auf, dass er vor allem sich durch Gewaltaktionen in Szene setzte. Viele der getätigten Beschuldigungen gegenüber den Mitangeklagten stammen nur vom Hörensagen und dürften somit mit Fortschreiten des Prozesses entsprechend entkräftet werden können.

Problematisch dabei ist nur, dass David H. als Beschuldigter in diesem Verfahren immer die Aussage verweigern kann und somit nicht die Fragen der Verteidigung beantworten muss, da er sich ja eventuell dabei selbst belasten könnte. Selbstverständlich wird er dem Staatsanwalt Schmengler Rede und Antwort stehen und dabei probieren, möglichst viele Mitangeklagte zu belasten und versuchen, den Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung aufrecht zu erhalten. Dies scheint Teil der Abmachung zwischen David H. und der Staatsanwaltschaft zu sein. Im Gegenzug erfährt der Verräter David H. erleichterte Bedingungen während der Verhandlungstage (z.B. keine Aufnahmen von ihm seitens der Presse) und vor Gericht eine Sonderbehandlung.

Alle andern sich noch in U-Haft befindlichen Personen werden wie Schwerstverbrechen behandelt und beispielsweise in Handschellen in den Gerichtssaal geführt, erhalten keine Privatkleidung, befinden sich teilweise in Isolationshaft, eine Telefonerlaubnis zu Familienangehörigen wird verweigert, bisher keine Akteneinsicht gewährt, trotz Anordnung des leitenden Richters werden den Angeklagten die genehmigten E-Book-Reader den Inhaftierten nicht zur Verfügung gestellt, Briefe werden beschlagnahmt. Höhepunkt der Schikanen war die erneute Inhaftierung eines Angeklagten, weil er gegen die erlassene Kontaktsperre zu Mitangeklagten verstoßen haben soll. Fünf Briefe an inhaftierte Mitangeklagte als Zeichen der Solidarität reichten zur erneuten Inhaftierung!

Übrigens: Sämtliche Anwälte schätzen die Dauer des Gerichtsverfahrens bis Ende 2013 – das Revisionsverfahren nicht mit inbegriffen. Dieser politische Prozess sucht wahrhaftig seines Gleichen.

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