Im Folgenden berichten wir über die Verhandlungstage im AB-Mittelrhein-Prozess. Gegen noch 22 Angeklagte wird wegen Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung (Aktionsbüro Mittelrhein) ein politischer Prozess, der seines Gleichen in der BRD sucht, vor dem Koblenzer Landgericht geführt. Nach 22-monatiger Untersuchungshaft wurden im Januar 2014 die letzten 7 Angeklagten frei gelassen.
von ABM Prozess
12. – 14 Juli 2016 – 285. – 287. Prozesstag
Dienstags wurde mit einem frischen Zeugen begonnen, der allerdings unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen musste. Der mutmaßlich links-orientierte Zeuge Tobias B. aus Bad Neuenahr ist selber als Beschuldigter im Visier der Staatsanwaltschaft gewesen und eine dadurch neu ins Verfahren gelangte Akte musste erst allen Prozessbeteiligten zugänglich gemacht werden.
Dieses abrupte Ende des Tagesprogrammes schaffte Raum für Anträge der Verteidigung. Unter anderem wurde die Begutachtung des „Kron-Angeklagten“ David H. wegen möglicher Aussageuntauglichkeit aufgrund krankhafter Gewaltfantasien beantragt. Des weiteren wurde an die StA appelliert ihr anwesendes Personal qualitativ zu verbessern. Ein Rechtsanwalt attestierte „ein gemeinsames Band der Ahnungslosigkeit um die Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft“.
Zuletzt entspann sich ein Disput über die Inaugenscheinnahme von Asservaten. Viele Verteidiger sahen das Auflegen, bspw. eines Gasrevolvers, auf eine Dokumentenkamera als Beschneidung Ihrer Rechte. Der Vorsitzende Richter ließ sich von dieser Meinung überzeugen und bald sah man Angeklagte und Verteidiger mit der Pistole im Saal herumfuchteln. Die Frage, wozu der „Kronangeklagte“ unter solchen Rahmenbedingungen zwei Personenschützer benötigt, drängte sich dabei geradezu auf. Schliesslich überkam offenbar keinen der Anwesenden die Lust diesen Gegenstand auf den mutmaßlichen Eigentümer anzuwenden.
Am Mittwoch gab sich wieder ein Zeuge aus Dresden die Ehre. Thomas I. wusste von Personen zu berichten, die schon lange vor den von der Staatsanwaltschaft als „Angriff auf die Praxis“ eingestuften Geschehnissen eifrig Wurfmaterial in das Haus schleppten und die Wirkungsmöglichkeiten aus Dachluken und Fenstern prüften. Einige der 15-20 an diesen Vorbereitungen beteiligten „Praxis-Gäste“ waren auch schon vermummt. Auch die angeklagten Geschehnisse hatte er beobachtet, und beschrieb sie so: „Irgendwann wurde es lauter draußen und Leute haben Steine aufgehoben, die vorher aus dem Haus geworfen wurden. … Etwa 20 Personen warfen Steine zurück auf das Haus.“
Das Gebäude in der Columbusstraße 9 diente hin und wieder nachts vermummt angerannt kommenden Personen als Unterschlupf. Es wurde nach dem Auszug der linken „Bewohner“ und anschliessender Renovierung mehrmals beschädigt. Dabei wurden Fenster eingeschlagen und die Fassade mit„Antifa“-Sprühereien versehen.
Der Donnerstag beschloß diese Verhandlungswoche mit weiteren Zeugen aus Dresden. Die Schwiegermutter des gestrigen Zeugen schien sich vorgenommen zu haben, vor Gericht besser gar nichts zu sagen. Als dieses Verhalten auch noch vom Vorsitzenden Richter hingenommen wurde, setzte eine Verteidigerin die Daumenschrauben an und die Dame kam wieder zur Besinnung. Sie erinnerte sich wie folgt: „Es kamen welche, die schwarz angezogen waren, die Wernerstraße runtergelaufen und wurden aus dem Dachgeschoß und den Fenstern heraus beworfen.“ Nach dem Sozialverhalten der „Praxis“-Insassen befragt, antwortete sie, die Zustände an der Columbusstraße 9 damals seien schlimmer als an der örtlichen Trinkhalle gewesen. Am Nachmittag sagte ihr Mann aus, welcher vor Ort sozial engagiert ist. Dieser berichtete davon, daß an der Praxis von Donnerstag bis Sonntag „im Schichtbetrieb“ durchgefeiert worden sei und der Gedanke bei ihm aufkam, aufgrund der Lärmbelästung und untätiger Polizei aus der Straße wegzuziehen. Von der Frau alarmiert kam er zu den angeklagten Ereignissen aus dem Keller geeilt und beobachtete folgendes: „Ich habe nur gesehen, daß die eine Gruppe die andere Gruppe, die vorbeigelaufen ist, mit Steinen beworfen hat.“
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