Besondere Gefährlichkeit
Nachdem im Prozess gegen Gottfried Küssel wegen der nationalen Informationsplattform Alpen-Donau bei ihm und seinen beiden Mitangeklagten der erweiterte Strafrahmen des § 3g Verbotsgesetz zur Anwendung kam, müssen sich Nationalisten, die des Lesens und Schreibens mächtig sind, mit dem Vorwurf der besonderen Gefährlichkeit auseinandersetzen. Anlässlich des Prozesses gegen den Rapper „Mr. Bond“ hat „unwiderstehlich Österreich“ sich dieser Thematik gewidmet.
von Der III. Weg
„Während ‚Mr. Bond‘ zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde, bekam sein Bruder vier Jahre. Man attestierte den Beiden ‚besondere Gefährlichkeit‘ und ging bei der Strafbemessung vom erweiterten Strafrahmen des § 3g VerbotsG aus, welcher eine Freiheitsstrafe von bis zu zwanzig Jahren vorsieht. Damit nimmt die politische Verfolgung in Österreich Ausmaße an, die früher undenkbar waren. Die Sache mit dem erweiterten Strafrahmen wegen ‚besonderer Gefährlichkeit‘ ist bei einer als abstraktem Gefährdungsdelikt konzipierten Strafnorm schon generell bizarr. Mit der Ausgestaltung der ‚besonderen Gefährlichkeit‘ als erweitertem Strafrahmen und nicht als Strafsatz ersparte sich der historische Gesetzgeber auch noch die Schaffung eines strafsatzändernden Tatbestandselements und der dafür erforderlichen Bestimmtheit. Man bedient sich hier einer Sanktionsmethode, die deutlich nach jenem russischen Schnaps stinkt, der damals die Geburt dieser Strafbestimmung eingeleitet hat und die davor nur gegen bekannte Nationalisten vom Schlage eines Gottfried Küssels eingesetzt wurde. Nicht aber gegen Menschen, die sich selbst radikalisiert haben und möglicherweise über die Stränge geschlagen haben.“
Ob die seitens „unwiderstehlich Österreich“ im Falle von „Mr. Bond“ attestierte Selbstradikalisierung, noch dazu ausschließlich im virtuellen Raum, auf Manuel zutrifft? Mit Sicherheit nicht, Manuel ist zweifelsohne kein Internetphänomen. Fakt ist dennoch, dass der Verfassungsschutz trotz seiner bereits erwähnten medialen „Enttarnung“ als Mitglied von „Terrorsphära“ nicht eingeschritten ist. Vielmehr bedurfte es des Anrufes eines Besoffenen, einer auf den Anruf folgenden Hausdurchsuchung, der anschließenden Auffindung von Büchern, Aufklebern, Kleidungsstücken und Fotos, um Manuel in Untersuchungshaft zu nehmen.
Um dennoch von einer besonderen Gefährlichkeit ausgehen zu können, wurde eine sogenannte „Einzelfallorientierte Risikoanalyse“ erstellt. Diese wurde, wie bereits oben erwähnt, von Breithuber schon beim Anklagevortrag ins Treffen geführt und der Verfasser als „psychologisch und soziologisch ausgebildeter“ Mitarbeiter der „Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN)“ vorgestellt. Wer der Verfasser sein soll und wie diese Analyse zustande kam, entzieht sich unserer Kenntnis. Seitens Staatsanwältin Breithuber wurde lediglich die „Wissenschaftlichkeit“ der „Abteilung Gefährdermanagement“ betont. Wenn man nun aber weiß, wie die Schlapphüte arbeiten, kann dies bestenfalls ein schlechter Scherz sein. Erst unlängst konnten sie sich wieder auszeichnen.
„Doch weil das neu benannte LSE (Landesamt für Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung) einen mit KI-Hilfe erarbeiteten Bericht vorlegt, der letztlich nicht viel zeigt, außer dass der Bursche seine kruden Ansichten gar nicht öffentlich verbreitet hatte, sondern nur in einem Mini-Chat, kann auch Staatsanwältin Barbara Baum nichts mehr retten. Denn ‚Öffentlichkeit‘ bedeutet bei Terrorismus mindestens 30 Menschen, mit denen man seine Einstellungen teilen müsste. Da fehlen aber weitere Erkenntnisse. Und eine Polizeibeamtin als Zeugin kann zu dem Fall überhaupt nicht viel beitragen, weil offenbar das meiste eine Software ermittelt hat.“
„Ich bau‘ mir keine Nichtigkeit in dieses Verfahren“
Im Wissen um die Dilettanz der Ermittlungsbehörden wurde von Manuels Verteidiger der Antrag gestellt, den Verfasser ebenjener Risikoanalyse zeugenschaftlich einzuvernehmen. Wenn der Verfasser in den Zeugenstand getreten wäre, hätten Widersprüche und Unklarheiten aufgeklärt werden können. Vor allem aber hätte man ihn zu seiner Ausbildung und Befähigung befragen können. Die zur Entscheidung berufenen Geschworenen hätten dann entscheiden können, ob sie ihre Entscheidung hinsichtlich der besonderen Gefährlichkeit von Manuel auf diese Analyse stützen können. Da sich die Staatsanwaltschaft gegen die Ladung des Zeugen ausgesprochen und der Schwurgerichtshof den Antrag der Verteidigung abgewiesen hat, blieb sowohl die Identität des Verfassers, als auch jeglicher Hintergrund im Dunklen. Folgerichtig wurde seitens der Verteidigung nunmehr der Antrag gestellt, die „Einzelfallorientierte Risikoanalyse“ aus dem Akt zu entfernen. Gegen dieses Vorgehen sprach sich Breithuber aus, da sie diese argumentativ bereits verwendet hat und auch in ihrem Schlussplädoyer verwenden will.
Jetzt wurde es, zumindest für uns, die in der Mehrzahl Prozesse in der Bundesrepublik Deutschland besuchen, grotesk. Ohne sich davor mit ihren beiden Beisitzern zur Beratung zurückzuziehen, sagte die Vorsitzende Richterin Eberherr coram publico: „Wir sind hier ja unter uns. Ich baue mir keine Nichtigkeit in dieses Verfahren. Entweder wir vertagen und laden den Zeugen, oder die Risikoanalyse wird aus dem Akt genommen und darf dann auch nicht mehr verwendet werden.“
Nach einigem Hin und Her willigte die Staatsanwältin ein und die Risikoanalyse wurde aus dem Akt genommen. Tatsächlich hat sich Breithuber in ihrem Schlussplädoyer auch nicht mehr darauf bezogen. Nun sei Manuel eben nach ihrer eigenen Einschätzung ein „Hochrisiko-Gefährder“. Ob dieser Kniff vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) halten wird? Die Medienberichte sprechen diesbezüglich eine deutliche Sprache.
„Laut einem Gutachten des Verfassungsschutzes gelte der Angeklagte offiziell als Hochrisiko-Gefährder – die Staatsanwältin nannte ihn „brandgefährlich“.“
Ob die Presseschmierer einfach zu dumm waren zu verstehen, dass dieses „Gutachten“ hinfällig ist und Manuel jedenfalls nicht „offiziell“ als „Hochrisiko-Gefährder“ gilt, oder ob lediglich verkürzt berichtet wurde, ist an dieser Stelle belanglos. Es wird für die Entscheidung, ob das Verfahren mit Nichtigkeit behaftet ist, jedoch von großer Bedeutung sein, ob man einfach gegen Ende des Beweisverfahrens etwas aus dem Akt nehmen kann und das dann keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung hat. Der gesunde Menschenverstand schließt das aus, juristische Rabulistik könnte es möglich machen.
Der bereits zitierte Artikel der Tageszeitung „Heute“ gibt auch Einblicke in das, was die Richterin den Geschworenen, hinter verschlossenen Türen, als Rechtsbelehrung erteilt hat.
„Dann lehnte sich E. weit aus dem Fenster: ‚Und selbst wenn, so habe ich sie immer nur im Ausland getragen‘, versuchte der Angeklagte sich als Hobby-Jurist und suggerierte damit, dass diese Delikte im Ausland nicht strafbar seien.
‚Ganz so, wie Sie das darstellen, ist es nicht‘, entgegnete die Richterin prompt.“
Manuel sprach damit wiederholt die fehlende Zuständigkeit des Gerichtes in zentralen Anklagepunkten an. Denn für Auslandstaten war die inländische Gerichtsbarkeit der Republik Österreich vor der Verbotsgesetz-Novelle 2023, BGBl. I Nr. 177/2023, nicht zuständig. Wir zitieren hierzu aus der, generell lesenswerten, Stellungnahme von Prof. Guido Raimund zu eben jener Novelle.
„Seit der OGH mit Entscheidung vom 10.10.2018 zu 13 Os 105/18t bzw. am 19.12.2018 zu 13 Os 130/18v ausgesprochen hat, wonach tatbestandsmäßiges Handeln iSd VerbotsG einen inländischen Tatort voraussetzt, sind Verfahren wie gegen den Humanisten Gerd Honsik nicht mehr möglich. Es soll aber künftig wieder möglich sein tadellose Deutsche, zumindest jene mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die aus ihrem (bspw. spanischen) Exil heraus tätig werden, in Österreich vor ein Geschworenengericht zu zerren.“
Wenn man sich die zitierten Entscheidungen des OGH ansieht, erkannt man, dass vor diesen Entscheidungen die Zuständigkeit der inländischen Gerichtsbarkeit nicht an einen inländischen Tatort geknüpft war. Man könnte daraus schließen, dass sämtliche Urteile, in welchen Angeklagte wegen Auslandstaten verurteilt wurden, aufgehoben werden müssen. Dem schiebt der OGH einen Riegel vor, aber seit Ende 2018 konnte man sich zumindest bei Auslandstaten darauf berufen und erfolgten ausnahmslos Freisprüche. Seit 1.1.2024 ist dies dank der Neuschaffung des § 3m Verbotsgesetz nicht mehr möglich. Da Manuels Handlungen aber offenkundig vor dem 1.1.2024 gesetzt wurden, muss für ihn die damalige Rechtslage gelten: Die Strafgerichte der Republik Österreich haben nur dann Strafbefugnis, wenn der Tatort im Bundesgebiet der Republik Österreich liegt! Auch diese fehlerhafte Rechtsbelehrung hatte Auswirkungen auf den Wahrspruch der Geschworenen. Wird der OGH dies erkennen und das Urteil nichtig sein?
Wir im Mittelpunkt
Der Vollständigkeit halber wollen wir auf die in den Berichten der Systempresse und der Antifaschisten enthaltene Einschätzung eingehen, wonach unsere Anwesenheit Manuel nicht zum Vorteil gereicht hätte. Das ist absoluter Unsinn! Wir werden, wann immer die Meinungsfreiheit vor Gericht steht, anwesend sein und der interessierten Öffentlichkeit ohne antifaschistischen Filter davon berichten. Auch werden wir weiterhin zur Solidarität mit Manuel aufrufen, Aktionen für ihn durchführen und ihm Briefe in den Knast schicken! Wir waren aber auch Prozessgegenstand, weil bei Manuel unser Kalender mit dem Titel „Deutsch durch’s Jahr 2021“ und Flyer unserer Partei gefunden wurden. Weiters soll Manuel seine älteste Tochter zur Teilnahme an einem von unserer Nationalrevolutionären Jugend (NRJ) veranstalteten Wochenende angemeldet haben.
Es entzieht sich unserer Kenntnis, welche Flyer bei Manuel gefunden wurden. Nach unserem Dafürhalten entsprechen alle unsere Flyer sowohl dem bundesdeutschen, als auch dem österreichischen Recht. Was an einer Anmeldung bei einem Jugend-Wochenende tatbestandsmäßig im Sinne des Verbotsgesetzes sein soll, bleibt, ohne sonstige Hintergrundinformationen, auch offen. Exemplarisch wollen wir auf unseren Kalender „Deutsch durch’s Jahr 2021“ hinweisen, welchen ihr hier in Augenschein nehmen könnt.
Manuel wurde für alle unsere Partei betreffenden Punkte von den Geschworenen schuldig erkannt. Solange ein solches Druckwerk wie unser Kalender den Tatbestand der NS-Wiederbetätigung erfüllen soll, wird die Republik Österreich in uns einen entschiedenen Gegner finden und als Unrechtsstaat bezeichnet werden.
Die drakonische Höhe der Strafe
Insgesamt wurden Manuel 17 Verstöße gegen das Verbotsgesetz zur Last gelegt und ein Verstoß gegen das Waffengesetz. Manuel soll einen (laut Polizei und Gericht vollkommen legalen) Teleskopschlagstock besessen haben, obwohl über ihn (ein Monat davor) ein Waffenverbot verhängt wurde. Da das Waffenverbot nur mündlich ausgesprochen und sogleich von Manuel bekämpft wurde, könnte man von einem fahrlässigen Besitz einer legalen Waffe ausgehen. Für die Strafhöhe ist dieser Umstand jedoch vollkommen unerheblich, denn in 12 der 17 Fällen urteilten die Geschworenen, Manuel hätte gegen das Verbotsgesetz verstoßen. Die Geschworenen gingen zusammen mit den Berufsrichtern davon aus, Manuel sei besonders gefährlich. Der Strafrahmen betrug deshalb 1 bis 20 Jahre Haft. Nach 16 Stunden Verhandlung am Stück wurde eine neunjährige Haftstrafe ausgesprochen. Eine Haftstrafe, welche laut Richterin nicht besonders hart sei, da man sich damit ja noch in der unteren Hälfte des Strafrahmens befinden würde.
Manuel wird gegen diese Entscheidung Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung einlegen. Der Kampf geht weiter!
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