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Mittels Staatstrojaner zur Quellen-TKÜ

Bezüglich des Staatstrojaners müssen wir uns auf einige Änderungen gefasst machen. Ein neuer Gesetzentwurf, den die Bundesregierung zur „Modernisierung des Strafverfahrens“ am Mittwoch veröffentlicht hat, soll die Richtlinien an die neuen Gegebenheiten anpassen. Demzufolge erhält die Polizei erweiterte Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ). Erlaubt werden soll auch das Mitlesen von Messengerdiensten, wie WhatsApp, Telegram oder Skype.

Neuer Gesetzentwurf sieht Änderungen vor

Der neue Gesetzentwurf sieht vor, Ermittlern bei einem „serienmäßigen“ Vorgehen der Täter erweiterte Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung einzuräumen. Mit im Entwurf enthalten ist das Mitlesen verschlüsselter Nachrichten von Messenger-Diensten. Paragraph 100a der Strafprozessordnung wird demzufolge entsprechend um den Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung aktualisiert.

Staatstrojaner-Einsatz wirft Bedenken auf

Voraussetzung für die angedachten Maßnahmen wäre, die Geräte der Betroffenen mit Schadsoftware in Form sogenannter Staatstrojaner zu infizieren. Der Trojaner macht es als Mittel der als Quellen-TKÜ möglich, laufende Kommunikationen bereits vor der Verschlüsselung, an deren Quelle, abzugreifen. Damit wird jedoch die IT-Sicherheit laut Experten allgemein untergraben. Das Gesetz ist umstritten, weil Datenschutz-Probleme und ein Missbrauch von den Behörden bewusst nicht geschlossener Sicherheitslücken befürchtet werden. Zudem wird die Frage aufgeworfen, ob die Reichweite der Maßnahmen mit der Verfassung vereinbar ist. Gegen den geplanten Einsatz laufen bereits vier (!!!) Verfassungsbeschwerden.

Ferner geplant: um äußerliche Merkmale erweiterte DNA-Analyse

Ferner soll Paragraph 100a der Strafprozessordnung erweiterte Kompetenzen bezüglich der DNA-Analyse einräumen. Die DNA-Analyse im Strafverfahren soll nun auch äußerliche Merkmale, wie die Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das Alter enthalten dürfen. Kritiker weisen darauf hin, dass die Gefahr gegeben wäre, somit besonders schützenswerte Daten preiszugeben. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) verweist darauf, dass man äußerliche Merkmale gleichermaßen auch mit Videoüberwachung, Fotos oder mittels Zeugenaussagen überprüfen könne. Bevor jedoch der Gesetzesentwurf zu geltendem Recht wird, muss dem noch Bundesrat und Bundestag zustimmen.

Erweiterungen der Polizei-Kompetenzen auch auf Verfassungsschutz

Nach dem erst jüngst verübten Anschlag von Halle werden Stimmen laut, die nach einem Mehr an Überwachung verlangen. Demgemäß fordern Innenpolitiker der Unionsfraktion verstärkte Abhörmaßnahmen der Internetkommunikation von Extremisten und Kriminellen. Bundesinnenminister Horst Seehofer macht klar: „Wir brauchen dringend die Befugnisse, dass wir auch das Internet überwachen (dürfen)“.

Infolge sollen die Kompetenzen, die der Polizei bezüglich des Mitlesens verschlüsselter Chats bereits eingeräumt wurden, auch dem Verfassungsschutz (BfV) zugestanden werden. Der Polizei sind bereits seit zwei Jahren die Rechte eingeräumt worden, neben Telefongesprächen auch auf eBriefe und Standortdaten zugreifen zu können und eine sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) durchzuführen. Auf diese Mittel zurückgreifen können die Beamten bei Ermittlungen zu schweren Straftaten, wie Terrorismus und Mord oder beim Verdacht auf Geldwäsche und Rauschgifthandel. Hinsichtlich dem Bundestrojaner kann das Bundeskriminalamt (BKA) dafür auf drei Programme zurückgreifen. Davon auf zwei selbst entwickelte Systeme, Remote Control Interception Software (RCIS) 1.0 und 2.0, und zudem die zugekaufte Software FinSpy vom Unternehmens FinFisher.

Bundestrojaner kam bisher nicht zum Einsatz bei Ermittlungen

Gemäß Informationen des WDR greifen Polizeibehörden bei ihren Ermittlungen allerdings kaum auf die Möglichkeiten eines Bundestrojaner-Einsatzes zurück. So hätte der Generalbundesanwalt für keinen der 550 neuen Terrorismusverfahren in laufenden Jahr den Einsatz der Quellen-TKÜ oder der Online-Durchsuchung beantragt. Verlautbarungen aus Ermittlerkreisen weisen darauf hin, dass der Einsatz von Bundestrojanern wegen zu hohen technischen Voraussetzungen derzeit noch nicht realisiert werden könne. Die Entwicklung einer passenden Software wäre für ein Zielgerät zwecks Überwachung von Kommunikationskanälen ein „immenser Aufwand“.

Kritiker sprechen sich gegen geplante Ausrüstung des BfV mit Staatstrojanern aus

Kritiker sprechen sich gegen die Pläne aus, nun auch den Verfassungsschutz mit einem Bundestrojaner auszurüsten, besonders deswegen, da diese offensichtlich vergeblich auf ihren Einsatz warten. FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle rät davon ab: „Bei der Quellen-Telekommunikationsüberwachung handelt es sich um ein rechtlich und technisch höchst fragwürdiges Instrument. Die Union will Überwachungsmaßnahmen einführen, die die von ihr geführten Behörden offenbar gar nicht brauchen.“

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, insistiert: „Statt auch dem Verfassungsschutz nun die Befugnis für dieses hochumstrittene Instrument zu geben, täte die Bundesregierung gut daran, ihre eigene IT-Sicherheitspolitik grundlegend zu überdenken.“ Es stehe das massive Werben im deutlichen Widerspruch zu den nun bekannt gewordenen Einsätzen. Zudem wären die „verfassungsrechtlichen Bedenken“ gegen den Trojaner-Einsatz immer noch offen.

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