Mit dem Versammlungsrecht, einem der höchsten Güter im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, steht die Polizei Dortmund bekanntlich auf Kriegsfuß. Die Behörde, die sich immer wieder über geltende Gesetze hinwegsetzt, hat jetzt ein weiteres Mal offiziell quittiert bekommen, rechtswidrig gehandelt zu haben: Die Videoüberwachung einer Antifademonstration, die im September 2016 durch die Dortmunder Innen- und Nordstadt durchgeführt wurde, war rechtswidrig, entschied das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Dienstag (19. Februar 2019). Die Polizei war über den gesamten Aufzugszeitraum mit einem einsatzfähigen Videowagen vor der Demonstration hinweggefahren, der angeblich jedoch lediglich Übersichtsaufnahmen angefertigt hätte, die nicht gespeichert worden seien.
Bereits diese potentielle Möglichkeit des offensichtlichen Abfilmens ist jedoch nur unter besonderen Bedingungen, etwa einer unmittelbar drohenden Gefahr durch gewalttätige Ausschreitungen, zulässig – diese Erkenntnis ist nicht neu, sondern die ständige Rechtsprechung im Hinblick auf Videoüberwachungen von Versammlungen, für die Polizei in Dortmund war sie in der Vergangenheit jedoch offenbar eher eine freiwillige Verhaltensempfehlung, als eine Verpflichtung. Das jüngste Urteil des Verwaltungsgerichtes kommt für die Polizei Dortmund durchaus zur Unzeit: Derzeit sind zwei weitere Klagen wegen ähnlich gelagerter Sachverhalte anhängig, bei denen die Partei DIE RECHTE darauf klagt, die Rechtswidrigkeit von Videoüberwachungen politischer Versammlungen im Oktober und Dezember 2018 feststellen zu lassen.
Polizeiliche „Gefahrenprognose“ reicht nicht aus
Im vorliegenden Fall der Antifademo von 2016 versuchte die Polizei Dortmund zwar, eine Gefahrenprognose zu erstellen, die eine Überwachung der Versammlung rechtfertigen würde, wobei auf zurückliegende, z.T. gewalttätig verlaufende Versammlungen Bezug genommen wurde. Diese seien aber mit der konkreten Versammlung nicht vergleichbar, außerdem würde es bereits ausreichend sein, die Kamera abgedeckt, aber jederzeit einsatzbereit mitzuführen, um unverzüglich zu handeln, wenn sich gewalttätige Gruppierungen zusammenrotten und sich beispielsweise zu vermummen beginnen. Auch im laufenden Rechtsstreit mit der Partei DIE RECHTE versucht die Dortmunder Polizei einmal mehr, ihr Verhalten mit einer realitätsfernen Gefahrenprognose zu begründen, die einerseits Vorfälle aufgreift, die keinen direkten Versammlungsbezug haben, andererseits störungsfrei verlaufende Versammlungen zu skandalisieren versucht. Den hohen Anforderungen, die an eine durchgehende Videoüberwachung zu stellen sind, wird dies jedoch nicht genügen, so dass sich die Damen, Herren und divers geschlechtlichen Mensch*Innen am Polizeipräsidium Dortmund auf zwei weitere Gerichtsverfahren einstellen dürften, bei denen am Ende ein weiteres Mal die Rechtswidrigkeit von polizeilichem Handeln beschieden sein dürfte.
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