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§ 15 VersG – 11/2010 – Erfolgreiche Klage: Blockade des Trauermarsches in Dresden 2006 war rechtswidrig

Im Jahre 2006 wollten mindestens 4.200 Deutsche in Dresden den seit Jahren stattfindenden und von der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland e.V. veranstalteten Trauermarsch zum Gedenken an die Bombardierung Dresdens am 13.02.1945 durchführen und dabei unter anderem von der Dresdener Neustadt über die Augustusbrücke zum Schloßplatz und zum Stadtkern ziehen.

Obwohl den Behörden von Anfang an klar war, daß diese Brücke das “Nadelöhr” des Aufzuges war, und obwohl ihnen Blockadeabsichten von Gegendemonstranten bekannt waren, hatten sie auf dem Schloßplatz eine sogenannte “Demokratiemeile” von linksgerichteten Personen nicht verboten, keine Absperrgitter zwischen diesem “Rummelplatz” und der Augustusbrücke errichtet, die Brücke nicht frühzeitig durch Polizeikräfte besetzen lassen, die nach und nach etwa 100 einsickernden Blockierer von der Brücke nicht weggedrängt und die Räumung der Brücke sogar abgebrochen, keine Wasserwerfer und insgesamt zu wenig Polizisten eingesetzt.

Auf diese Weise wuchs die Zahl der Störer auf der Augustusbrücke auf etwa 1000 an, die Polizei berief sich auf einen angeblich eingetretenen Notstand, befürchtete das Ausbrechen einer Panik bei den Störern und daß sie vielleicht in die eiskalte Elbe springen könnten, und wies die Teilnehmer des Trauermarsches an, umzudrehen.

Das OVG Bautzen hat nach 4 ½ Jahren durch seinen Beschluß vom 09.11.2010, Az. 3 A 369/09 das diesbezügliche Urteil des VG Dresden bestätigt, in dem festgestellt wurde, daß die Polizeidirektion Dresden es rechtswidrig unterlassen hat, durch Einsatz geeigneter polizeilicher Mittel den Durchzug der Teilnehmer des Trauermarsches der JLO e.V. über die Augustusbrücke im Rahmen der Versammlung am 11.02.2006 zu gewährleisten. Dabei wurden von den Verwaltungsgericht u.a. die folgenden deutlichen Worte gefunden:

“Dem hier vom Kläger (der JLO e.V., d. Verf.) in Anspruch genommenen Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, das auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugute kommt, gebührt in einem freiheitlichen Staatswesen ein besonderer Rang. Das Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis mit anderen zu versammeln, galt seit jeher als Zeichen der Freiheit, Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewußten Bürgers…Es ist Aufgabe der zum Schutz der rechtsstaatlichen Ordnung berufenen Polizei, in unparteiischer Weise auf die Verwirklichung des Versammlungsrechts hinzuwirken…Sie ist ebenso wie die Versammlungsbehörde Garant der Versammlungsfreiheit….Aufgrund der Aktenlage und des Ergebnisses der Zeugeneinvernehmung ist die Kammer zu der Überzeugung gekommen, dass der Beklagte (die Polizei, d. Verf.) nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um eine sich bereits vor Durchführung der Versammlung abzeichnende Störung des Aufzugs des Klägers auf der Strecke über die Augustusbrücke in Dresden zu verhindern und dem Kläger die unbeeinträchtigte Durchführung seiner Versammlung zu ermöglichen….Die Teilnehmer dieser Gegendemonstration genossen jedenfalls nicht den Schutz der Versammlungsfreiheit, da Ansammlungen, deren Zweck sich – wie hier – darin erschöpft, eine andere Versammlung zu verhindern, dem Schutzbereich des Art. 8 GG nicht unterfallen…Drohen Gewalttaten als Gegenreaktion auf Versammlungen, so müssen sich behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer richten…dass der Beklagte seiner Schutzpflicht gegenüber dem Kläger bei der Durchführung der verfahrensgegenständlichen Versammlung nicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen ist, indem er einen Teil der Aufzugstrecke trotz der absehbaren Störungen durch Dritte nicht durch geeignete und angemessene Maßnahmen absicherte, bevor die Notstandssituation eintrat. Auf einen Mangel an Einsatzkräften kann sich der Beklagte in diesem Zusammenhang nicht berufen…..führt ein von Anfang an erkennbarer und dennoch in Kauf genommener Personalmangel nicht zu einer Rechtfertigung eines sich in Folge dessen verwirklichenden, absehbaren Notstandes. Es obliegt dem Beklagten für eine hinreichende personelle Ausstattung zur Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Polizeigesetz zu sorgen…Insoweit wurden keine anderen als finanzielle Gründe als mögliche Ursachen für die fehlende Verstärkung genannt. Unter Hinweis auf finanzielle Gründe kann sich der Beklagte allerdings seiner Schutzpflicht als Garant der Versammlungsfreiheit nicht entziehen….”

Das Deutsche Rechtsbüro bittet daher um folgendes:

  1. Verhalten Sie sich auf Versammlungen friedlich und gesetzestreu.
  2. Wenn Ihre Versammlung gestört oder blockiert wird, legen Sie Rechtsmittel bis zur letzten Instanz ein. Dies nützt Ihrer Versammlung praktisch zwar nichts, aber hat eine Wirkung auf zukünftige Versammlungen und dokumentiert obendrein das rechtswidrige Verhalten der Behörden.
  3. Fordern Sie die oben genannte Entscheidung aus unserem Archiv an.
  4. Senden Sie uns Gerichtsentscheidungen und Meldungen zum Versammlungsrecht und zu anderen juristischen Fragen für unser Archiv. Es ist nur so gut und so aktuell, wie es von Ihnen die entsprechenden Nachrichten erhält!

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