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§§ 68, 145a StGB- 01/2011 – Publikationsverbot von rechtsextremistischem und nationalsozialistischem Gedankengut ist rechtswidrig

Wieder einmal hat das Bundesverfassungsgericht eine sehr erfreuliche Entscheidung getroffen, die die Meinungsfreiheit für rechtsgerichtete Deutsche stärkt:

Gegen einen u.a. wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz Verurteilten und u.a. wegen Volksverhetzung Vorbestraften wurde nach dem Verbüßen seiner Haftstrafe im Rahmen der Führungsaufsicht ein Publikationsverbot erteilt, und ihm wurde verboten, “rechtsextremistisches oder nationalsozialistisches Gedankengut publizistisch zu verbreiten, insbesondere durch Veröffentlichungen im Verlag “Deutsche Stimme”, in den “Nachrichten” der “Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG)” oder über den “Freundeskreis UN e.V.”. Der Betroffene legte gegen diese Weisung Rechtsmittel ein, und das Bundesverfassungsgericht stellte in seinem Beschluss vom 08.12.2010, Az. 1 BvR 1106/08, Archiv-Nr. des Rechtsbüros – 57B10 – fest, dass diese Maßnahme gegen die Meinungsfreiheit des Art. 5 GG verstößt, weil sie unbestimmt und unverhältnismäßig ist. In wünschenswerter Deutlichkeit führt das höchste deutsche Gericht u.a. folgendes aus:

“[…] Das dem Beschwerdeführer auferlegte Publikationsverbot erstreckt sich allgemein auf die Verbreitung von nationalsozialistischem oder rechtsextremistischem Gedankengut. Mit dieser Umschreibung ist weder für den Rechtsanwender noch für den Rechtsunterworfenen das künftig verbotene von dem weiterhin erlaubten Verhalten abgrenzbar und damit im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch nicht hinreichend beschränkt. Schon bezüglich des Verbots der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts lässt sich dem Beschluss des Oberlandesgerichts nichts dazu entnehmen, ob damit jedes Gedankengut, das unter dem nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürregime propagiert wurde, erfasst sein soll oder nur bestimmte Ausschnitte der nationalsozialistischen Ideologie, und falls letzteres der Fall sein sollte, nach welchen Kriterien diese Inhalte bestimmt werden können. Erst Recht fehlt es dem Verbot der Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts an bestimmbaren Konturen. Ob eine Position als rechtsextremistisch – möglicherweise in Abgrenzung zu “rechtsradikal” oder rechtsreaktionär” – einzustufen ist, ist eine Frage des politischen Meinungskampfes und der gesellschaftswissenschaftlichen Auseinandersetzung. Ihre Beantwortung steht in unausweichlicher Wechselwirkung mit sich wandelnden politischen und gesellschaftlichen Kontexten und subjektiven Einschätzungen, die Abgrenzungen mit strafrechtlicher Bedeutung…., welche in rechtsstaatlicher Distanz aus sich heraus bestimmbar sind, nicht hinreichend erlauben. Die Verbreitung rechtsextremistischen oder nationalsozialistischen Gedankenguts ist damit kein hinreichend bestimmtes Rechtskriterium, mit dem einem Bürger die Verbreitung bestimmter Meinungen verboten werden kann… Die angegriffene Weisung ist auch in der Sache mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar…Für die Schwere des Eingriffs ist insbesondere die inhaltliche Reichweite und die zeitliche Dauer des Verbots, das Spektrum der verbotenen Medien sowie die strafrechtliche Bewehrung gemäß § 145a StGB maßgeblich. Eine solche Maßnahme ist von dem Betroffenen umso eher hinzunehmen, als sie sich – etwa durch eine Begrenzung auf bestimmte Situationen – auf die Form und die äußeren Umstände der Meinungsäußerung beschränkt. Je mehr sie hingegen im Ergebnis eine inhaltliche Unterdrückung bestimmter Meinungen selbst zur Folge hat, desto höher sind die Anforderungen an den Grad der drohenden Rechtsgutgefährdung…. Unverhältnismäßig sind jedenfalls an Meinungsinhalte anknüpfende präventive Maßnahmen, die den Bürger für eine gewisse Zeit praktisch gänzlich aufgrund seiner gehegten politischen Überzeugungen von der – die freiheitlich demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierenden – Teilhabe an dem Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ausschließen; dies kommt einer Aberkennung der Meinungsfreiheit selbst nahe, die nur unter den Bedingungen des Art. 18 GG zulässig ist.”

Das Deutsche Rechtsbüro bittet daher um folgendes:

  1. Verhalten Sie sich friedlich und gesetzestreu.
  2. Wenn Maßnahmen gegen Sie zur Verhinderung “rechtsextremistischen oder nationalsozialistischen Gedankenguts” verhängt werden, legen Sie Rechtsmittel bis zur letzten Instanz ein.
  3. Fordern Sie die oben genannte Entscheidung aus unserem Archiv an.
  4. Senden Sie uns Gerichtsentscheidungen und Meldungen zur Meinungsfreiheit und zu anderen juristischen Fragen für unser Archiv. Senden Sie uns Gerichtsentscheidungen und Meldungen zum Versammlungsrecht und zu anderen juristischen Fragen für unser Archiv. Es ist nur so gut und so aktuell, wie es von Ihnen die entsprechenden Nachrichten erhält!

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