Der Prozess gegen die „Hammer-Bande“ um Lina Engel ist die größte und wichtigste juritische Auseinandersetzung mit dem Linkextremismus seit dem Ende der Roten-Armee-Fraktion. Die öffentlichen Aussagen des Kronzeugen Johannes Domhöver geben einen tiefen Einblick in die Struktur und Vorgehensweise der skrupellosen Täter. Wir präsentieren eine Zusammenfassung der Aussagen von Domhöver, die ihr in dieser Form nicht in den etablierten Medien finden werdet.
Inhaltsverzeichnis
Seit November 2020 sitzt Lina Engel (27) in Untersuchungshaft. Vor dem Oberlandesgericht Dresden wird der mutmaßlichen Antifa-Rädelsführerin der Prozess gemacht. Die Mitangeklagten Lennart Arning alias „Mio“ (27), Jannis Röhlig (36) und Philipp Jonathan Mohr alias „Nero“ (27) sind noch auf freiem Fuß, Engels Verlobter Johann Guntermann alias „Lücke“ (28) bis heute auf der Flucht vor der Polizei. Ihnen wird unter anderem zur Last gelegt, 18 Opfer – vermeintliche „Rechte“ – ausspioniert, überfallen, gefoltert und zum Teil lebensgefährlich verletzt zu haben.
von EinProzent
Die Taten haben die junge Frau für die linke Szene zu einer Art Heldin gemacht. Selbst unter bürgerlichen Journalisten fanden sich lange Zeit viele Relativierer. So schrieb etwa der Zeit-Autor Christian Fuchs noch am 15. März 2021 unter dem Titel „Die Studentin im Visier“, die „Zweifel“, dass Lina Engel eine Terroristin sei, würden „wachsen“.
Dann aber, im Juni 2022, platzte die Bombe: Ein ehemaliges Mitglied der Gruppe packte aus. Johannes Domhöver alias „Jojo“ (30) ließ sich vom Verfassungsschutz für eine Zusammenarbeit mit der Polizei rekrutieren. Zuvor war der Mann wegen angeblicher sexueller Übergriffe in der linksextremen Szene zur Persona non grata erklärt worden.
Als Kronzeuge hat Johannes Domhöver seine ehemaligen Genossen vor dem OLG in den vergangenen beiden Wochen schwer belastet – und einmalige Einblicke in die Vorgehensweise und Strukturen militanter Antifa-Zellen gegeben. Wir haben die wichtigsten Punkte seiner Aussagen für euch zusammengefasst.
Ziel: „Massiver Schaden“ bei den Opfern
Den Aussagen zufolge waren Lina Engel und ihr Verlobter die Drahtzieher eines bundesweiten Netzwerkes, das brutale Überfälle auf politisch Andersdenkende seit etwa 2015 regelmäßig trainierte, akribisch vorbereitete und durchführte. Im Wesentlichen unterscheidet der Kronzeuge dabei zwischen so genannten „Ausfahrten“ – Attacken auf abreisende Demonstrationsteilnehmer, etwa an Bahnhöfen – und Angriffen auf Einzelpersonen in ihrem alltäglichen Umfeld. Letztere wurden von der Gruppe „Projekte“ genannt.
Ziel sei gewesen, bei den Opfern „massiven“ und „nachhaltigen” Schaden anzurichten. So etwa sollte mit Hämmern auf besonders verletzliche Stellen wie den Kopf, die Schienbeine, Knie und Sprunggelenke eingewirkt werden.
Bei den Attacken habe es verschiedene vorab zugeteilte und trainierte Rollen gegeben. Ein Angreifer sollte die Zeit im Blick haben und die Kommandos geben. Diese Aufgabe habe in mehreren Fällen Lina Engel übernommen, so auch bei den angeklagten Taten in Eisenach. Ein anderer sollte den „Erstkontakt“ zur Zielperson herstellen – das hieß, ihn je nach Situation anzusprechen (zum Beispiel nach der Uhrzeit fragen) oder aber direkt zuzuschlagen. Der Rest der Gruppe sollten das Opfer dann zu Boden bringen, dort fixieren und massiv verletzen.
Das Risiko für die Täter hingegen sollte, so Johannes Domhöver, möglichst gering gehalten werden. Darum sollten die Überfälle kurz und effektiv sein, idealerweise nicht länger als 30 Sekunden dauern. Diese Zeit reiche aus, um massiven körperlichen Schaden anzurichten. Zur Absicherung gegen zu Hilfe kommende Passanten habe man immer große Pfefferspray-Flaschen mitgeführt, die am Ende auf die Opfer entleert wurden. Auch sei vorab beurteilt worden, ob die ausgewählte Zielperson physisch und mental in der Lage sei, sich effektiv zu verteidigen. Ein Abbruchgrund wäre beispielsweise gewesen, wenn sich der Attackierte mit einer Stichwaffe zur Wehr gesetzt hätte – so geschehen auch beim einer missglückten Tat in Eisenach im Dezember 2019, die letztlich zur Verhaftung mehrerer Bandenmitglieder führte. Für derartige Situationen habe es festgelegte Codes wie „Messer“ gegeben. „Da wird nichts dem Zufall überlassen“, sagte der Kronzeuge vor Gericht.
Die Planungen
Die „Projekte“ hätten Lina Engel und Johann Guntermann akribisch geplant und dann über die App Jabber aus einem bundesweiten Täterkreis Mittäter geworben. Er nannte sich dabei „Wario“, sie „Koopa“, nach den Figuren aus der Super-Mario-Serie. Wie es scheint, hat Johannes Domhöver den Ermittlern diese Chats auch zur Verfügung gestellt.
Vorab soll Guntermann mögliche Zielpersonen über soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram mit Fake-Accounts kennengelernt haben. Anschließend kundschaftete man Reiserouten oder das persönliche Umfeld der späteren Opfer aus. Auch während den Taten gab es demnach sogenannte Scouts, die Demonstrationsteilnehmer oder einzelne Zielpersonen beobachteten und ihren Standort über Wegwerf-Handys live an das „Zugriffs-Team“ durchgaben. Dabei sollten unauffällige Verkleidungen wie zum Beispiel ein „Yakuza“-Pullover oder die Uniform eines Lieferservices zum Einsatz kommen. Johannes Domhöver selbst behauptet, bei den Überfällen aufgrund einer laufenden Bewährung meist als Späher eingesetzt gewesen zu sein. Mehrfach habe er beispielsweise aufgeklärt, an welchen Bahnhöfen „Rechte“ auf dem Weg zu Demonstrationen ein- und ausstiegen. Für die Zugreisen habe er Ticket-Gutscheine von Johann Guntermann bekommen, die dieser mittels Kreditkartenbetrug erstanden habe. An einigen Stellen machte Johannes Domhöver von seinem Recht auf Auskunftsverweigerung Gebrauch, um sich nicht selbst zu belasten.
Wichtige Besprechungen hielt die Gruppe der Aussage des Ex-Mitglieds zufolge nur außerhalb geschlossener Räume und ohne Telefone ab. Nur, als die Luft am Ende dünner wurde, habe man Juristisches auch über Online-Konferenzen besprochen. Johann Guntermann sei zu diesem Zeitpunkt aus dem Ausland zugeschaltet gewesen. Zuvor hatte der in Halle (Saale) geborene und in Bayern aufgewachsene Linksextremist auch die eigene Wohnung mit einem Wanzendetektor durchsucht.
An den Tatorten habe man penibel darauf geachtet, keine DNA (etwa an Zigaretten) zurückzulassen. Die Antifas hätten immer Handschuhe getragen, Tatwerkzeuge seien in Plastikbeuteln transportiert und anschließend mit Chlor gereinigt worden. Dieser Hinweis lässt aufhorchen, weil er eine Querverbindung zu zwei besonders brutalen Einbrüchen in Eilenburg (Sachsen) und Erfurt im Jahr 2021 herstellt. In beiden Fällen drangen als Polizisten verkleidete Linksextremisten in die Wohnungen ihrer Opfer ein und verletzten diese schwer, bevor sie sie anschließend mit Chlor übergossen, mutmaßlich um Spuren zu verwischen. Szenekundige Beobachter vermuten seit längerem, dass Johann Guntermann oder dessen Netzwerk auch hinter diesen Angriffen stecken könnte. Zwar saß Lina Engel zum Tatzeitpunkt bereits hinter Gittern, die beiden Fälle sind nicht Teil der Anklage. Aus der Aussage des Kronzeugen geht allerdings auch hervor, dass Johann Guntermann nach seinem Verschwinden nach Thailand offenbar noch einmal nach Deutschland zurückkehrte und sich mindestens temporär im Leipziger Umland versteckt hielt.
Bei Nachtreffen wurden die Überfälle schließlich umfangreich ausgewertet und eine Art „Manöverkritik“ geübt. Zum festen Täterkreis der Gruppe zählt der Kronzeuge neben den bisher bekannten Angeklagten auch einen gewissen Paul „Bolle“ Müntnich und einen weiteren Mann namens Julian, gemeinsam wohnhaft in einer Leipziger WG. Die beiden hätten der Polizei beim zweiten Eisenach-Überfall entkommen können, was auch erklären würde, warum sie bisher nicht auf der Anklagebank sitzen.
Neben den Taten, die Gegenstand der Verhandlung sind, sprach Johannes Domhöver auch über weitere Überfälle des linken Terrornetzwerkes. Manche wurden aufgrund der Verhaftung von Lina Engel und der Flucht Johann Guntermanns nicht in die Tat umgesetzt. Zum Beispiel sollen Johann Guntermann und Tobias Edelhoff einen Erzieher in Berlin-Hellersdorf (Marcel Herse, Aussteiger und Ex Sänger der Gruppe „Tätervolk“ | Anm. der Redaktion) ausgekundschaftet haben, der zuvor als Musiker in bei einem Rechtsrockkonzert in Themar (Thüringen) aufgetreten sein soll. Auch das „Flieder Volkshaus“ in Thüringen und der Leipziger Kampfsportler Benjamin Brinsa seien als mögliche Angriffsziele in der Diskussion gewesen. Wichtig sei es der Gruppierung aber vor allem gewesen, die sogenannte „215er-Liste“ (angeblich Beteiligte an Ausschreitungen in Leipzig-Connewitz im Januar 2016) „abzuarbeiten“. Johann Guntermann habe die Veröffentlichung der Namen – die vermutlich über einen bekannten Szene-Anwalt in die Hände der Linksextremisten gelangten – als „Geschenk“ bezeichnet.
Bundesweite Trainings
Besonders interessant an Johannes Domhövers Aussagen ist, dass die Gewalttaten in regelmäßigen „Trainings“ systematisch vorbereitet wurden, gelegentlich unter Beteiligung aus dem gesamten Bundesgebiet. Meist hätten diese Treffen in Leipzig stattgefunden, manchmal sei man auch auf den ländlichen Raum ausgewichen. Im Kasseler Umland – Lina Engel kommt ursprünglich von dort – soll zuletzt sogar eigens ein „Trainingsareal“ geplant gewesen sein. Durchexerziert wurden demnach sowohl das Agieren im Mob – etwa auf Demonstrationen – als auch Überraschungsangriffe auf Einzelpersonen. Solche Vorbereitungen auf kommandoartige Überfälle fanden in Leipzig laut Johannes Domhöver etwa zweimal pro Monat statt. Er selbst habe noch 2021 das letzte Mal daran teilgenommen, also zu einem Zeitpunkt, als Lina Engel schon längst in U-Haft saß.
Das erste größere „Training“ mit etwa 25 Teilnehmern habe (vermutlich 2017 oder 2018) auf Einladung von Johann Guntermann im späteren Black Triangle, einer seinerzeit besetzten Bahnanlage im Süden Leipzigs, stattgefunden. In leitender Rolle seien Berliner Linksextremisten angereist. Später hätten die „Trainings“ vor allem in der Gießerstraße 16 und mindestens einmal unter bundesweiter Beteiligung in einer Kunstrasen-Halle auf dem Gelände des Alfred-Kunze-Sportparks (beides ebenfalls in der Messestadt) stattgefunden. Letztere Veranstaltung war offenbar eher eine Art Demo-Vorbereitung für Militante. Pikant: Der Alfred-Kunze-Sportpark ist das Stadion des Regionallligisten BSG Chemie Leipzig, dessen Fan- und Ultraszene enge Verbindungen zum antifaschistischen Milieu der Stadt pflegen; zum Teil liegen Personalüberschneidungen vor.
Auch in diesem Fall seien es die Berliner gewesen, die das Programm anleiteten. Namentlich erwähnte der Kronzeuge einen gewissen Thomas und einen Mario, der Türsteher im Club „Cassiopeia“ auf dem Friedrichshainer RAW-Gelände sei.
Bei den „Trainings“ mitgemacht hätten in wechselnder Besetzung Antifas aus Leipzig, Berlin, Magdeburg, Nordrhein-Westfalen, Frankfurt (Main), Nürnberg, Bremen und Rostock. Aus dem Teilnehmerpool habe man schließlich auch die Mittäter für konkrete Überfälle rekrutiert. Für die deutsche Hauptstadt nannte der Zeuge explizit die Gruppierung „Berlin Straight Edge“ aus dem Umfeld der Rigaer Straße, die auch regelmäßig „Ausfahrten“ mache und mit den Berliner Angeklagten bestens bekannt sei.
Die Leipziger selbst hätten etwa zweimal pro Monat für kommandoartige Überfälle trainiert. Der feste Kern habe dabei aus in der Regel vier bis zehn Teilnehmern bestanden, darunter Lina Engel, Johann Guntermann und Paul Müntnich. Außerdem fielen die Namen „Ida“, „Julian“ (Mitbewohner von Müntnich), „Herbert“ und ein gewisser „Coach“ (hier wohl ein Spitzname) aus Bayern. Es wurden verschiedene Szenarien und Handlungsabläufe durchgespielt, wobei die Erfahrungen vergangener Angriffe mit einbezogen wurden. Auch der Einsatz von Waffen soll fester Bestandteil des „Trainings“ gewesen sein. Der Kronzeuge räumt ein, dass den Tätern jederzeit klar gewesen sei, dass sie ihre Opfer womöglich töten würden. Dass der überwiegende Teil der Antifas dennoch keine Tötungsabsicht gehabt hätte, zumal das bewaffnete Einwirken auf den Kopf gezielt geübt wurde, schien den vorsitzenden Richter Hans Schlüter-Staats nicht zu überzeugen.
Unklar bleibt bisher noch, welche Rolle die Leipziger Zelle um Lina Engel und Johann Guntermann beim Überfall auf die Prokuristin einer Immobilienfirma in Leipzig spielte. Die Frau war im November 2019 in ihrer eigenen Wohnung brutal zusammengeschlagen worden. Nachdem Lina Engel zwischenzeitlich ins Visier der Ermittler geriet – in ihrer WG soll die Polizei ein Bekennerschreiben gefunden haben – war das Verfahren zunächst eingestellt worden. Das war allerdings vor dem umfrangreichen Geständnis des Kronzeugen, das womöglich neue Verdachtsmomente eröffnet haben könnte. Die Ermittler halten sich bedeckt, auf Rückfragen der Nebenklage blockte der vorsitzende Richter ab.
Steine auf das US-Konsulat
Die erste gemeinsame militante Aktion, die der ursprünglich aus Franken stammende Aussteiger Johannes Domhöver schildert, datiert zurück in das Jahr 2015. Anlässlich des G-7-Gipfels im bayerischen Elmau ziehen rund 100 Vermummte durch Leipzig, werfen Steine auf das Bundesverwaltungsgericht und das US-Konsulat. Schon damals soll es der untergetauchte Johann Guntermann gewesen sein, der über den Krypto-Messenger Jabber dazu aufrief, Ziele systematisch „abzuarbeiten“.
Drei Jahre später wird der gebürtige Hallenser vom Landgericht Leipzig für eine ähnliche Aktion, bei der unter anderem die Scheiben des Landgerichts und eines Friseurladens zu Bruch gehen, zu 19 Monaten Haft verurteilt. Außerdem hatte Guntermann bei einer Legida-Demonstration eine Frau zu Boden geschlagen und sie als „Nazischlampe“ beschimpft. Noch bis September 2019 verbüßte er seine Gesamtstrafe in einem Gefängnis in Nordrhein-Westfalen. Zuvor hatte er bereits in einem sächsischen Gefängnis gesessen. Fotos aus dieser Zeit zeigen ihn mit Sturmhaube im Kraftraum oder beim Hofgang mit anderen militanten Antifaschisten.Während Guntermann im Knast sitzt, übernimmt offenbar Lina Engel die Führung der Gruppe. Drei der angeklagten Taten – zwei Attacken in Leipzig und eine im nahegelegenen Wurzen – fallen in diese Periode.
Generell erhärtet sich das Bild einer gemeinsamen Führungsrolle der Gruppe durch das Antifa-Pärchen, das sich offenbar auch szeneintern wie eine Neuauflage der Linksterroristen Baader und Ensslin gebärdete.
Wer entkam bislang der Polizei?
Zu seiner Entlassung, so schildert es der Zeuge, schmeißt Guntermann, der sich in Frakturschrift „Hate Cops“ auf die Finger tätowieren lassen hat, es im Leipziger Szeneladen „Zoro“ (Bornaische Straße 54) eine Party. Mit dabei waren fast alle, die zum harten Kern der „Hammerbande“ gehören. Seit seiner Haftentlassung ist nicht mal ein Monat vergangen, als die als rechts geltende Kneipe „Bull‘s Eye“ in Eisenach von einem Dutzend Vermummter zum ersten Mal überfallen wird. Doch durch die entschlossene Gegenwehr des Kneipiers wird Guntermann verletzt, verliert Blut – und hinterlässt eine DNA-Spur.
Wegen des Misserfolgs entschließen die Linksextremisten, das Opfer noch ein zweites Mal anzugreifen. Der Übermut endet in einer Verfolgungsjagd mit der Polizei, an deren Ende ein Großteil der Angreifer, darunter auch Lina Engel, gefasst wird. Heute sind beide Überfälle Teil der Anklageschrift. Auch die Namen der entkommenen Täter sind durch die Aussagen Domhövers inzwischen bekannt geworden: Der Leipziger Paul „Bolle“ Müntnich und sein Mitbewohner Julian Wohlfahrt. Gegen sie wird ein weiteres, abgetrenntes Verfahren geführt.
Der „Inner Circle“
Nachdem der Kronzeuge bereits geschildert hatte, wo und wie für Überfälle „trainiert“ wurde, ging er bei den letzten Verhandlungsterminen genauer auf die innere Struktur der Gruppe ein. Über die interne Kommunikation haben wir bereits in Teil I dieser Recherche berichtet. Ergänzt wurde nur nochmals, welche Messenger und Verschleierungstechnologien im Laufe der Jahre benutzt wurden (u.a. Muble, Pidgin, Jabber, Signal, Tor-Browser). Besonders interessant aber ist für das Gericht und die Anwälte eine Zeichnung von konzentrischen Kreisen, die Domhöver offenbar für die Ermittler des sächsischen LKA angefertigt hat.
Zum innersten Kreis um das Pärchen Lina Engel und Johann Guntermann ordnet er Lennart Zaphod Arning, Jannis Röhlig, Julian Wohlfahrt, Paul Müntnich sowie dessen Freundin „Ida“ ein. Alle haben einen regionalen Bezug zu Leipzig. Im mittleren Kreis darum sieht er Tobias Edelhoff sowie die Berliner Philipp Jonathan Mohr und auch sich selbst, wobei die jeweiligen Rollen nach Wohnort und Ortskenntnissen auch wechseln konnten. Der Berliner Kreis sei also vor allem aufgrund der räumlichen Distanz nicht so stark involviert gewesen. So will der Aussteiger auch zu einigen der angeklagten Taten wie die Überfälle auf einen ehemaligen Stadtrat sowie einen Kanalarbeiter in Leipzig keine Informationen haben.
Schließlich gibt es der Skizze nach einen äußeren Kreis von Personen aus dem ganzen Bundesgebiet, die situativ rekrutiert wurden und der sozusagen den Teilnehmerpool für die größeren „Trainings“ für militante Aktionen (siehe Teil I) bildete. Namentlich hervorgehoben wurde aus diesem Spektrum ein „Edgar“ aus Berlin. Nicht namentlich erwähnt wurde hingegen der Leipziger Gustav Justus Wolter, der aber mit mindestens zwei Taten der „Hammerbande“ in Verbindung gebracht werden kann: Zum einen wurde die DNA des einschlägig bekannten Türstehers nach dem Überfall auf den ehemaligen Leipziger Stadtrat Enrico B. am Tatort gefunden, zum anderen fiel er der Polizei gemeinsam mit Tobias Edelhoff beim Auskundschaften der später attackierten Kneipe in Eisenach auf. Daher gehörte der Leipziger Wolter zumindest anfangs zu den Tatverdächtigen, soll unbestätigten Informationen zufolge derzeit aber wegen eines anderen Delikts in Haft sitzen.
Hitzköpfiger Täter
„Starr oder hierarchisch“ sei das „Geflecht“ nicht gewesen, wohl aber wird klar, dass im Mittelpunkt immer Lina Engel und ihr Lebensgefährte standen. Während der Kronzeuge die inhaftierte Hauptangeklagte als „ruhig“, „überlegt“ und „bedacht“ beschrieb, charakterisierte er ihren Partner Johann Guntermann als das genaue Gegenteil: Es fallen Adjektive wie „harsch“, „stressig“, „anstrengend“, aber auch „schusselig“. Vor allem sei dem nach wie vor flüchtigen Gefährder besonders wichtig gewesen, immer persönlich an den Aktionen teilzunehmen, um den Schaden zu „maximieren“.
Diese Aussage lässt möglicherweise auch darauf schließen, dass die brutalen Angriffe nach der Verhaftung von Lina Engel mit seiner Beteiligung stattgefunden haben dürften – insbesondere zwei Überfälle in Eilenburg und Erfurt im März und Mai 2021, bei denen sich die Täter als Polizisten ausgaben und ihre Opfer in deren eigener Wohnung folterten. Dafür spricht zum einen der zeitliche Ablauf des Geschehens: Bereits zuvor hatte Domhöver erklärt, Guntermann sei nach seiner Rückkehr aus Thailand und den daraufhin ergangenen Haftbefehl zunächst im Leipziger Umland untergetaucht. Zeugen sollen außerdem geäußert haben, am Vorabend der Attacke auf den JN-Vorsitzenden Paul Rzehaczek einen „Späher“ vor dem Haus des Opfers gesehen zu haben, dessen Beschreibung ziemlich genau auf den Linksextremisten passt.
Militanz als Franchise
Die Attacken der Gruppe beschränkten sich dabei nicht nur auf Sachsen und Thüringen, sondern gingen offenbar weit darüber hinaus. Laut Johannes Domhövers Aussage wollte Johann Guntermann das Konzept klandestiner und extrem militanter Kleingruppen als eine Art „Start-up“ vermarkten. So habe der 28-Jährige den Kronzeugen beispielsweise für den Überfall auf einen Thor-Steinar-Ladengeschäft in Dortmund im November 2019 angefragt. Die Verkäuferin wurde mit Pyrotechnik, Buttersäure und Teerfarbe attackiert. Ein auf der linksextremen Plattform Indymedia veröffentlichtes Bekennervideo, das Guntermann anfertigte, sollte gleichzeitig als Geldbeschaffung für die Gruppe und als Motivation für potenzielle Nachahmer dienen. Militanter Antifaschismus koste „viel Zeit und Geld“, war dort zu lesen, eine Bitcoin-Wallet als Spendenmöglichkeit angegeben. Auch wurde explizit dazu aufgerufen, dass staatlich geförderte AStAs und „Kulturprojekte“ Gelder für militante Zellen zur Verfügung stellen sollen. Der Überfall auf den Thor-Steinar-Laden ist zwar nicht Teil der Anklage, dürfte aber besonders für die Betreiber der Modemarke interessant sein – schließlich öffnet sich hier eine Möglichkeit für Schadenersatzforderungen.
Indes hatten Beobachter schon länger die Vermutung geäußert, dass auch dieser Angriff auf das Konto der „Hammerbande“ gehen dürfte – was sich nun also zu bestätigen scheint. Als Beteiligten nennt der Kronzeuge unter anderem Paul „Bolle“ Müntnich, gegen den inzwischen ein abgetrenntes Verfahren läuft. Auch ein anderer Name fällt in den Aussagen immer wieder: der des Dortmunders Moritz Julius Becker. Gemeinsam mit Johann Guntermann und dem Kronzeugen selbst gehört(e) dieser zur Graffiti-Crew Nakam, deren Lackspuren bis nach Thailand führen.
Der Name sagt viel über die Gedankenwelt der Linksextremisten: Eine Anspielung auf eine jüdische Terrorgruppe, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus Rache für Auschwitz das Trinkwasser deutscher Großstädte vergiften wollte. Der 1992 in Unna geborene Becker ist wie auch sein älterer Bruder seit deutlich über zehn Jahren in der militanten Antifa-Szene aktiv und reichlich polizeibekannt. Als passionierter Sprayer gilt er als Gründer und treibende Kraft von Nakam. Zu der linksextremen Graffiti-Crew gehörten laut Aussage von Johannes Domhöver neben Moritz Julius Becker und dem Aussteiger selbst noch Johann Guntermann sowie Philipp Jonathan Mohr. Insgesamt hat der Kronzeuge fünf Personen aus dem Kreis der „Hammerbande“ mit Straftaten belastet, die im derzeitigen Verfahren bisher keine Beschuldigten sind.
Agenten in Warschau
Im weiteren Verlauf der Befragung ging es insbesondere um die Rekrutierung des Kronzeugen durch den Verfassungsschutz. Nach seinen Angaben sei er das erste Mal vor seinem Arbeitsplatz – einer Warschauer Kita – von Beamten des deutschen Inlandsgeheimdienstes angesprochen worden. Diese seien in Begleitung von sechs polnischen Agenten gewesen. Man habe ihm seine ausweglose Situation und eine drohende mehrjährige Haftstrafe dargelegt und ihm schließlich eine Unterbringung im Zeugenschutzprogramm angeboten.
Nachdem er zuvor von seinen ehemaligen Genossen als angeblicher Vergewaltiger geoutet worden war, entschied sich Domhöver nach zweitätiger Bedenkzeit, das Angebot anzunehmen. Es folgten diverse „Gespräche“ mit Verfassungsschutz und LKA in Polen, Dresden und der Schweiz. In den Alpen traf man sich offenbar, um ein größeres Entdeckungsrisiko in der Bundesrepublik zu vermeiden. Seiner Aussage zufolge erhält Domhöver für seine Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden Zeugenschutz und 1.500 Euro monatliche Zuwendungen, von denen er Anwalt und Lebensunterhalt selbst bestreiten muss.
Lange haben auch bürgerliche Linke, Politiker und Journalisten Lina Engel als unschuldig verfolgte Studentin verharmlost und die Existenz terroristischer Antifa-Gruppen geleugnet. Mit seiner spektakulären Aussage dürfte Johannes Domhöver dem vorerst ein Ende gesetzt haben. Die Mitglieder der „Hammerbande“ fühlten sich – auch das geht aus den Aussagen des Kronzeugen hervor – als „Elite“ der linksextremen Szene, als „die Krassen“. Sie nahmen den Tod ihrer zahlreichen Opfer billigend in Kauf. Und ihnen allen war bewusst, dass im Falle ihrer Enttarnung eine Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung im Raum stehen würde. Der Berliner Philipp Jonathan Mohr ließ sich den entsprechenden Paragrafen 129 sogar tätowieren. Wenn auch nicht der weltweite Kommunismus, zumindest dieser Wunsch des Linksextremisten scheint in Erfüllung zu gehen. Tatsächlich drohen Lina Engel und ihren Mittätern im Falle einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft. Das könnte allerdings durchaus noch bis Anfang nächsten Jahres dauern: Nach mittlerweile über 70 Verhandlungstagen ist noch immer kein baldiges Urteil in Sicht.
Dafür allerdings dürfte dank Johannes Domhöver bald mit weiteren Prozessen und interessanten Erkenntnissen zu rechnen sein, die Journalisten und Parlamentarier aufarbeiten können.
Junge, Junge, Junge – das ist ja fast noch krasser als die komplizierten Fälle aus der hervorragenden Serie “Der letzte Bulle” (dringende Filmempfehlung für Euch).
Ich finde, ihr solltet Euch mit EinProzent zusammenschließen und den Film dazu produzieren – das wäre sicher ein erstklassiger Lehrfilm und eine Schmach in alle Ewigkeit für das linke, ungewaschene Gesocks! Menschenskinder, in was für einer kranken Welt leben wir eigentlich? Wann kommt die Menschheit zur Besinnung?
Namasté.
Zu
” allerdings dürfte […] bald mit weiteren Prozessen und interessanten Erkenntnissen zu rechnen sein, die Journalisten und Parlamentarier aufarbeiten können.”
Nuja, falls das kein Satireversuch ist, könnte man evtl. sagen, daß
“Statt gegen einzelne rechtswidrige Beiträge vorzugehen, wurde ein missliebiges Medium vollständig abgeschaltet – ein krasser Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.” [1]
als interessanter, antirechtsstaatlicher [2] Schachzug empfunden werden kann (gleiches Unrecht für die zwei Hauptkontrahenten), um der [jur.] Wiederauferstehung von Altermedia Deutschland vorzubeugen.
[1]
10.03.2023,
lto . de/recht/hintergruende/h/bverfg-1bvr133620-linksunten-indymedia-pressefreiheit-bverwg-radio-dreyeckland/
[2]
22. September 2018,
epochtimes . de/politik/deutschland/rechtsstaat-deutschland-eine-ernuechternde-analyse-von-dr-klaus-miehling-a2649680 . html